Mittwoch, 31. August 2011

Zwischen den Zelten

Es wurde ja auch höchste Zeit! Das Brachliegen meiner Galerie war mir eh ein Dorn im Auge, jetzt hab wieder was am Start. Diesmal geh ich aus dem Haus, in den Stuttgarter Schlossgarten. Dort steht „Unser Pavillon“, der einst als Camera Obscura den Bahnhof abbildete, jedoch zum Veranstaltungs- und Ausstellungsort für den kreativen Widerstand gegen den angedrohten Erdbahnhof mutierte. Heute ist da immer was los, nette Freiwillige kümmern sich um Besucher, hören sich Schimpftiraden jener an, die lieber eine Baugrube als die Zelte im Park hätten. Genau der richtige Ort und die richtigen Leute, um eine schöne Ausstellung zu machen.

Ausgestellt werden Fotos von Peter Franck und Frank Bayh & Rosenberger-Ochs, die die Zeltstadt im Park dokumentiert haben.

Montag, 5. September um 19:30
Unser Pavillon, Mittlerer Schloßgarten, Stuttgart

https://www.facebook.com/frankundsteff
https://www.facebook.com/peter.franck1

https://www.facebook.com/event.php?eid=107044349400516
https://www.facebook.com/pages/Unser-Pavillon/115978998485163

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Montag, 29. August 2011

Pflichtkurs für Rocker



Schon The Who haben erkannt: Nach dem Konzert wird demoliert. Richtige Rockstars machen Kleinholz aus ihren Gitarren. Um auch als Anfänger auf der Bühne verwegen rüberzukommen sollte man besser einen ordentlichen Gitarren-Crash-Kurs besuchen. Nach ein paar Basisübungen an der Luftgitarre darf man dann auch mal echtes Holz auf die Bretter hauen!

Erschienen auf brezel.me

Samstag, 27. August 2011

Scheindemokratische Schützengräben

Wenn zwei sich nicht einig werden, dann muss man schlichten. Wenn man so tun will, als ob man die andere Partei verstehen wollte, dann spielt man Schlichtung und sorgt dafür, dass sie zu eigenen Gunsten ausgeht. Wenn nicht, dann nimmt man sie halt nicht ernst. Wenn die anderen den Braten riechen, bringt ihnen das ja nichts, denn wer will schon als unschlichtbar in die Ecke gestellt werden?

Beim Stresstest, dem Ende der Stuttgarter Schlichtung um die Zukunft von Stadt und Bahnhof war das Ergebnis ein Kompromiss, der natürlich sofort von den S21lern abgelehnt wurde, die Schlichtung wurde enttarnt, der Frieden nicht wieder hergestellt. Der Stellungskrieg geht weiter. Die Künstlergruppe Begleitbüro SOUP (Stuttgarter Observatorium für urbane Phänomene) hat das Thema aufgegriffen und in einer Installation ausgedrückt. In mitten des Orts des Geschehens, dem Schlichtungssaal, haben sie einen Denkmalentwurf platziert. Ein Sandsackpyramide, auf der das Streitobjekt wie eine Burg tront: der Stuttgarter Bahnhof. „Ergebt Eucht“ steht auf der Fahne, kein Kompromiss wird akzeptiert, nur Kapitulation.

[vimeo http://vimeo.com/28245358]

Am Montag den 29. August kann man die Installation zwischen 11 und 12 Uhr im vierten Stock des Stuttgarter Rathauses besichtigen.

Ich sehe in der Schlichtung eines von vielen Beispielen von Scheindemokratie, die dem Bürger offene und demokratische Prozesse vorgaukeln sollen, getreu dem Motto: Redet mit, und wenn's uns in den Kram passt, dann hören wir vielleicht sogar zu. Demokratische Feigenblätter gibt es zuhauf. Im Herbst sollen Bürger des ganzen Landes von Lörrach bis Schwäbisch Hall darüber entscheiden, ob Stuttgart einen neuen Bahnhof braucht. Und wenn zu wenige ihren Sonntag im Wahllokal verbringen wollen, gewinnt automatisch der neue Bahnhof. Aber man hat ja gefragt, alles ganz demokratisch. Bürgerbeteiligung ist erwünscht, wenn sie im klar abgesteckten Rahmen stattfindet. Und immer schön unverbindlich bleiben, damit man unerwünschte Ergebnisse unter den Teppich kehren kann.

Eine Frage drängt sich mir auf: Ist es richtig, an scheindemokratischen Prozessen teilzunehmen oder sollte man sie boykottieren? Ganz konkret: Soll man die Volksabstimmung verweigern und riskieren, dass das eigene Anliegen am Ende knapp unterliegt? Wie seht ihr das?

Alles was ich machen kann, ist wachbleiben und vor der einlullenden Wirkung unserer Scheindemokratie zu warnen, denn es ist bequem, sich dieser Lebenslüge hinzugeben. Viel zu viele nutzen sie als Alibi dafür, ihre kritische Haltung preiszugeben und vor der Macht eines veralteten Systems zu kapitulieren. Unsere lokale Presse hat alle Ansätze, die Geschehnisse kritisch zu betrachten in den Wind geschossen und stellt jene, die sich nicht das Hirn haben zukleistern lassen als schlechte Verlierer hin. Es ist bekannt, dass die Bahn durch Lug und Trug ihr Projekt durchgeboxt hat, aber kaum einer will sich mehr damit beschäftigen, weil dieser Betrug scheindemokratisch legitimiert wurde. Und man will ja nicht auf der Verliererseite stehen.

Bitte, liebe Bürger, bleibt wach! Lasst euch nicht einlullen. Es geht um eueren Lebensraum, um eure Stadt und euer Geld. Ihr müsst euch nicht gleich an Bagger anketten, aber bleibt zumindest kritisch, denn Demokratie lebt von mündigen und wachen Bürgern.

Film, Fotografie oben: Josh von Staudach, Fotografie unten: Andreas Mayer-Brennenstuhl.

Donnerstag, 25. August 2011

Abwrackprämie für's Büro

„Sie kriegen alle 3 Jahre ein neues Auto. Warum nicht ein neues Büro?“ – so sollen Büroflächen im unlängst hochgezogenem Kasten am Marienplatz in Stuttgart verhökert werden. Eine Frage, die noch mehr Fragen aufwirft: Welches neue Auto? Ich hab noch keins bekommen. Wo bekommt man das? Naja, vielleicht werden die nur an Bürohengste verteilt. Und was geschieht mit den alten Autos? Abwrackprämie? Autos scheinen Modeartikel geworden zu sein, die nach drei Jahren das traurige Schicksal des stylische Out ereilt. Und die alten Büros? Wenn ich mir das rege Treiben der Stuttgarter Abrissbirnen so anschaue, überkommt mich da ein mulmiges Gefühl. Wo einst in der Stadt betagte Gebäude standen sind derzeit überall Löcher, aus denen bald neue Büros sprießen sollen. Über den kommenden Look unserer Stadt gibt folgende Seite Aufschluss: http://stuttgart-baut.de/bauprojekte.cgi

Ich bin jetzt ja auch seit drei Jahren in meinem Büro. Lauf ich jetzt Gefahr, ins modische Abseits zu rutschen? Werden meine Besucher die Nase rümpfen? Die kann's sich wohl nicht leisten und sitzt immer noch in dieser alten Bude rum, werden sie hinter meinem Rücken tuscheln. Wenn ich up to date bleiben will, muss ich wohl in eine der glänzenden, neuen Immobilien ziehen. Vielleicht krieg ich dann auch ein neues Auto.