Freitag, 29. April 2011

Brimborium royal

Wenn Adel – wie heute – heiratet, dann bewegt das die Gemüter. Es wird rumdiskutiert, ob man das jetzt gut oder Kacke finden soll. Die einen finden Monarchie scheiße, die anderen das Brautkleid. Manche grenzen sich vom vermeintlich simpel gestrickten Pöbel ab und wähnen sich über der Sache stehend und andere finden Überheblichkeit noch viel doofer. Ich zum Beispiel. Adelsgroßhochzeit ist skurril und somit gerne bei mir gesehen. Alles was die Welt bunter und eigenwilliger macht, dient ihr.

Am meisten plagt mich: Wie wäre es, wenn ich Prinzessin wäre? Ich hätte haufenweiße Schmuck und Geschmeide, eitel Tand und schnöden Mammon. Ich könnte Schuhschränke imeldischen Ausmaßes füllen und würde stets fürstlich speisen. Ich müsste aber auch höfisches Gehabe an den Tag legen, mit allem Brimborium welches das Protokoll erfordert. Ich könnte nicht mehr auf Tischen tanzen! Nicht dass ich das regelmäßig tun würde, aber der Verlust der Option ist schon ein harter Schlag. Und wenn doch, dann würden echte Paparazzis Fotos machen, und nicht nur die Kumpels mit der Telefonkamera. Es gäb Skandale, ich könnte nicht mehr so einfach ins Libero auf ne Halbe gehen, müsste im Auto immer hinten sitzen. Zeitschriften würden jede Änderung meines Hüftumfanges hämisch kommentieren, es sei denn ich würde heiß erwartete Prinzen werfen.

Ne, du, lass mal. Ich mach da nicht mit. Kate wird das Lachen noch vergehen. Genauer betrachtet opfert sie ihr Privatleben um skurrile Unterhaltung für das Volk und mich zu sein. Das ist mehr als Liebe, dass ist Aufopferung. Ich ziehe meinen virtuellen Hut vor so viel Edelmut und wünsche den beiden trotzdem viel Spaß. Aber so ein Hochzeitskleid wäre schon was Feines ...

Donnerstag, 28. April 2011

Bekannt aus dem Fernseher

Heute im Angebot: 28.4. ist Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Sicher ist, wer sich schöne Sachen anschaut ist glücklich, und wer glücklich ist bleibt länger gesund. Auch bei der Arbeit. Schöne Sachen: Morgen bei Marko Schacher in der Galerie stellt Udo Schöbel aus. Udo, den ich von der Galerieeröffnung als Musiker schon kenne, hat mir heute morgen im Café ein Kärtchen in die Hand gesteckt. Die Zeichnung drauf gefällt mir gut, es ist ein Bild aus einer Serie mit Porträts von Menschen, die man vom Fernsehen kennt. Ich hätte auch gerne ein Porträt von Udo, aber da muss ich wohl noch mein Promistatus von virtuellem Stuttgarter C-Promitum auf was Höheres aufboren, sonst wird das nichts.

Auch zu sehen: François Chalet. Hingehen!

Die Ausstellung findet ist übrigens eine Kooperation mit dem 18. Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart 2011, über welches ich hier nächste Woche umfassend Bericht erstatten werde.

Hier noch Informationsgedöns zur Galerie: 

Schacher – Raum für Kunst

Inhaber: Marko Schacher 
Galerienhaus Stuttgart
Breitscheidstr. 48
70176 Stuttgart

Tel.: +49 (0) 711 656 77 068
Fax: +49 (0)  711 656 77 059
mobil: +49 (0)162 40 37 512
info[at]galerie-schacher.de

Geöffnet: Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr

Mittwoch, 27. April 2011

Tag des lautlosen Grafikers

Jetzt hab ich mich schon wieder von Arbeit vom Bloggieren abhalten lassen. Unmöglich! Dabei geschehen so umwerfende Dinge in der Welt, die nach meinen Kommentaren schreien! Hoffentlich schreien sie nicht zu laut, denn heute ist der Internationale Tag gegen Lärm. Das Motto dieses Jahr: „Lärm trennt“. Und zwar Verursacher und Empfänger, so die Webseite zum Thema.  Rockbands und Publikum? Wohl kaum. Gemeint ist hauptsächlich Verkehrslärm. Wenn eines Tages nur noch Elektromobile durch die Straßen surren, trennt kein Mückschen Passant vom herangleitenden Fahrzeug. Der Tag des Lärmes wird dann durch den Tag des offenen Auges ersetzt. Es passt dazu, dass der 27. April auch Welt-Grafiker-Tag ist. Grafiker gibt es in meiner Straße zuhauf, sie sitzen (so wie ich) in ihren Schaufenstern hinter großen Bildschirmen und nehmen den Tag gegen den Lärm ernst. Alles was der silbrig-weißen Welt ihrer Werk- und Spielzeuge entrinnt ist bisweilen leises Klicken und ein paar verlorene Obertöne, die ihren Kopfhörern entweichen.

Togo, das Land des Pappbecherkaffees, feiert heute Unabhängigskeitstag, die Südafrikaner ihre Verfassung und die Slowenen den „Dan upora proti okupatorju“, den Widerstand im Zweiten Weltkrieg. Irgendwo wird immer was gefeiert, Anlässe gibt es genug. Was feiert ihr heute? Welchen Welttag wollt ihr ausrufen?

Noch ein Link für Klugscheißer: Lärmkarten für Stuttgart

Donnerstag, 21. April 2011

Rendevouz mit dem Wasserwerfer

Nach einer kleinen Pause will ich mal wieder ein paar Bilder vorstellen, die sich meine Freunde von mir machen – gezeichnete und geschriebene Bilder. Oder beides, wie Marianne hier wunderbar zeigt. Sie wohnt über meinem Büro, wir haben uns jedoch über Facebook kennen gelernt. Eines Tages kam Marianne nass bis auf die Unterhose und total aufgelöst zu mir ins Büro gestürmt. Sie hatte gerade ein Rendevouz mit dem Wasserwerfer, dem ich kurz zuvor entkommen bin. Wir empörten und beruhigten uns gegenseitig. Von da an einte uns der Missmut gegenüber dem rüpelhaften Landesvater und dem Rest der damaligen Regierung, die wir zum Glück ja losgeworden sind.

Seit dem besucht sie mich öfters mal, wenn sie von der Arbeit heimkommt. Sie hat eine Vorliebe für asymmetrische Frisuren, wie ich sie in meiner Jungend selbst gerne hatte, und trägt sie auch noch. Ich bin froh, so eine herzliche Nachbarin zu haben und freue mich auf das nächste Treffen im Treppenhaus.

Mittwoch, 20. April 2011

Lügenaustausch







Meine erste Ausstellung ist überstanden! Ich habe sie gefilmt, aber dann doch etwas zusammengerafft, weil's sonst etwas mühselig wär 8 Stunden einfach so anzuschauen.

Für alle die nicht da waren: Der Raum war mit über 500 gelben Post-Its vollgeklebt, auf die ich Gedanken und andere Lebenslügen notiert hab. Wenn jemand einen Gedanken haben wollte, um ihn zum Beispiel in die eigene Lebenslüge zu integrieren, konnte er oder sie ihn mitnehmen. Aber nur, wenn ein eigener Gedanke dafür auf einem blauen oder grünen Zettel hinterlassen wurde. So hat sich der Raum im Laufe des Abends verändert, die Gedanken wurden ausgetauscht.

Den Film kann man auch in HD anschauen, dann ist er am schönsten.

Freitag, 15. April 2011

Wiedervereint

Am Straßenrand findet man ja so einige herren- oder damenlose Gegenstände. Vor ein paar Tagen ist mir dieses schöne Paar, welches sich in einer Nische eines Altbaus in der Mozartstraße versteckte, aufgefallen. Wurden sie gemeinsam verloren, oder sind sie entlaufen? Sind sie Geschwister? Sie sehen sich ja ähnlich, sind aber ganz unterschiedliche Wege gegangen. Das eine Leben auf der Straße, das andere in der Küche. Hier haben sie wieder zusammen gefunden und schwelgen in den guten, alten Zeiten.

Die Geschichte gab's auch schon auf der Brezel

Tod und Teufel



Vier Männer stehen im Nebel. Lichtblitze durchzucken die milchige Luft. Infernaler Lärm füllt den Raum. Ein Schlagzeug wie eine amoklaufende Waschmaschine gefüllt mit Metallschrott lässt die Leiber der Verdammten zucken. Katzen schreien während sie bei lebendig gehäutet werden. So jedenfalls klingen die Gitarrensoli. Mit düsterer Stimme brüllt ein nicht minder düster dreinblickender Typ Geschichten von Tod und Teufel. Das Publikum brüllt mit, hüpft durch die Gegend und freut sich. Das ist Heavy Metal. Genauer gesagt: Slayer.



In meiner Jugend waren mir die langhaarigen Metalkröten suspekt. Deren bierseeliges, aggressives Gehabe passte nicht so einfach in mein vom gepflegten Weltschmerz geprägtes Wavertum. Immerhin waren sie keine Popper, und das zählte in jenen Tagen viel. Die Unsicherheit der Jugend erlaubte mir noch keine so großen Ausflüge in fremde Gefilde, die heute mein Heim sind. Den Heavy Metal hab ich erst kennen und lieben gelernt, als er dem Untergrund entstiegen war und sich in unzählige Crossover-Varianten verloren hatte. Zum Glück gibt es aber noch ein paar der Pioniere, die vor 30 Jahren dem Rock einen ordentlichen Arschtritt verpassten. Die größte Legende der Wenn-schon-denn-schon-Fraktion sind zweifelsohne Slayer, die sich im Gegensatz zu Kollegen wie Metallica nie haben zähmen lassen. Darum muss man heute auch kein Stadion besuchen, sondern kann sie an überschaubareren Orten erleben, wie dem Volkshaus in Zürich.

Vor dem alten Haus mitten in der Stadt sammelt sich das Publikum. Schwarz gekleidete oft langhaarige Burschen – ich bin als Mädel in der Mindheit – bei denen ich mich frage wie viele von ihnen sich für das Konzert noch in die alte Kutte von früher geworfen haben und wer von denen das mit dem Todespriesterlook ernst nimmt. Ein paar Banker hat's wohl nicht mehr zum Umziehen nach der Arbeit gereicht. Heavy Metal ist hoffähig geworden, die Headbanger von einst haben sich etabliert, haben Kutte gegen Anzug getauscht.

Ich begeistere mich für die Aufnäher an den alten Jeanswesten, übersäht mit Schriftzügen einschlägiger Bands, dazu Pentagramme, Monster, Satansgedöns und dergleichen. Ein subkultureller Code, den ich nicht so ganz entziffern kann, der aber irgendwie zeigen soll, welche Bands gefallen und dass man weder Tod noch Teufel scheut.

Der Saal des Volkhauses ist klein aber voll, Vorgruppe Megadeth – selbst eine Legende – legt los. Sie sind (aus der Metallerperspektive) leise, ich brauch nicht mal die Ohrstöpsel, die in der Schweiz bei jedem Konzert verteilt werden. Sauber spielen sie ihren größten Hits der Achtziger und frühen Neunziger, das Publikum ist textfest uns singt mit, steht ansonsten eher dumm in der Gegend rum. So richtig Stimmung kommt noch nicht auf. Ich frage mich die ganze Zeit, ob die wischmopartige Frisur von Sänger Dave Mustaine echt ist. Rotblonde Haare ausreichend für 3 Menschen und 2 Hunde sprießen wild aus dem Kopf. Vor 28 Jahren wurde er wegen Drogenfreudigkeit bei Metallica rausgeworfen, danach das übliche Rock'n'Roller-Leben, 2004 als wiedergeborener Christ geläutert. Also eher Tod, weniger Teufel.

Die Meute tobt als Slayer auf die Bühne kommt. Einen Klassiker nach dem anderen hauen sie dem Publikum um die Ohren, in ungewohnter Qualität. Kein Wunder: Gitarrist Jeff Hannemann ist nicht dabei; der hatte bei der letzten Tour eher lustlos in die Seiten gegriffen. Gary Holt von Exodus quält als Ersatzspieler die Gitarre so, wie man es von den Platten kennt. Spätestens als sie „Raining Blood“, der meiner Meinung nach konsequenteste und somit beste Metallsong aller Zeiten, spielen, durchzucken Blitze mein gesamten sich im Rhythmus des Schlagzeuges windenden Körper. Ich schrei mir all das Böse, was ich seit meinem letzten Slayerkonzert so angesammelt hab, vom Leib. Friedlich und geläutert geh ich nach Hause.

Mittwoch, 13. April 2011

Bessermenschen

Brezelmeister Tobi hat mir 'ne Pressemitteilung eines jungen Stuttgarter Modelabels zugeschickt, die ich auf die Brezel schmieren sollte. Kleider spiegeln den Lifestyle wieder, in diesem Fall einen Lifestyle, der mir fremder nicht sein könnte. Ich hab mir erst überlegt, ob ich diesen neureichen Mumpitz einfach ignoriere, fühlte mich dann aber doch zu einem Kommentar getrieben, der aber viel zu nett geriet:


Stuttgart ist nicht Monaco. Nichtmal am Waranga. Da hilft auch keine globale Erwärmung. Hanglage und teure Autos haben wir zwar auch, aber der Neckar ist nicht die Côte d'Azur. Um einen Hauch monegassischer Mondänität bemühen sich die Stuttgarter Kristian Taraba und Michael Nüssler, die das Modelabel „best life“ gegründet haben. Hochtrabende Werte wie „Jugend, Lebensfreude und Partys“, kurz, das „Leben auf der Gewinnerseite“, stehen laut Eigenauskunft Pate für die Gestaltung, die fürstliche Steueroase inspirierte zur ersten Kollektion.

„I'm not arrogant, I am better than you“ behauptet eines der Motive, die Lohas-konform auf Fair-Trade-Shirts gedruckt werden. Genau das richtige für RTL 2-Promis, Fussballer, Nachwuchs-DJs und echte Bessermenschen, denen Gutmensch nicht gut genug ist.

[caption id="attachment_9320" align="aligncenter" width="315" caption="Weniger Lohas-Konform: Best-Life-Trägerin Carmen Geissen aus Monaco, berüchtigt für ihre Sammlung an CO2-Schleudern (Bentley, Hummer, Rolls Royce)."][/caption]

 

Psychedelisches Kraut



Ich hab grad meine Ausstellung vom letzten Wochenende wieder abgebaut. Nachdem ich einen Einblick in meine Psyche gegeben habe zeigt der nächste Ausstellende in der xsGallery psychedelische Bilder. Uwe Büchele, der Mitbegründer und Cover-Gestalter des Psychedelic-Rock Bootleg Labels „praekraut pandaemonium“, stellt nicht nur seine Arbeiten aus, er legt auch die passende Musik auf den Plattenteller. Wer will, kann vorher gerne Pilze essen, muss es aber nicht. Die Bilder wirken auch nüchtern.

Uwe Büchele | psychedelic underground
Vernissage / Finissage:
Freitag 15. April 2011, 19 Uhr
xsGallery, Rotebühlstraße 109a
www.xsgallery.com

Dienstag, 5. April 2011

Doras Lebenslüge



Ich bin schon ganz aufgeregt. Am Freitag mach ich kurz entschlossen meine erste Ausstellung - nicht als Galeristin sondern als Künstlerin. Die xs Gallery ist eine winzige ehemalige Sandwichbar in der Rotebühlstraße (direkt neben der Rosenau), in der ich 16 Quadratmeter Platz hab, um mein aufgeblasenes Ego abzubilden.

Ich sammle grad meine Gedanken und werde sie dann dort ausstellen und mit euren austauschen. Am Samstag ist dann auch schon wieder Finissage. So schnell kann's gehen. Gedanken sind flüchtig.

Veranstaltet wird das Ganze vom Tearoom e.V..

Montag, 4. April 2011

Zwischen Sofas und Abteilungsleitern



Ich war auf einem Konzert und habe darüber im Gig-Blog geschrieben:

http://www.gig-blog.net/2011/04/03/tender-buttons-31-03-2011-uhu-bar-stuttgart/

Sehr schöne Fotos hat Andreas Meinhardt gemacht, es lohnt auf jeden Fall den Blog zu lesen.

Hier der Text:

Minimalismus, so die Webseite der Tender Buttons, kennzeichne ihre Musik. Und das ist auch nötig, denn Platz für viel Gedöns ist keiner in der Uhu-Bar. Gedrängt zwischen den plüschigen Sofas der Rotlicht-Wohnzimmer-Bar spielt Tender Buttons vor jenen, die rechtzeitig kommen und noch Platz finden.

Ungefähr die Hälfte des Raumes nimmt der Kontrabass von David Goetz ein, der mindestens neunarmige Axel Krause trommelt auf seinem dafür vorgesehen Spezialhocker und spielt zugleich Melodica und Xylophon. Christian Gradl spielt komplexe, warme Akkorde auf seiner akustischen Gitarre. Ein wunderschöner Klangteppich über den die nicht minder schöne Maren Katze gesanglich mit Leichtigkeit flaniert. Texte über das Feuer der Liebe, Freundschaft und sieben kleine Monster, kurz gesagt all dem, was das Leben so ausmacht.

Zum Glück sind viele Freunde der Band da, da mich ansonsten die Abteilungsleitertypen, die mit dem Rotlichtcharme der Uhu-Bar kokettieren, etwas abschrecken. Die werden aber von Inhaber Oskar nach hinten an die Bar geschickt. Zum Tanzen ist’s zu eng, man kann aber schön verträumt mitschwingen. Die gespielten Unplugged-Versionen laden dazu ein. Durch die zum Lüften geöffneten Buntglasfenster blicken erstaunt die angetrunkenen Puffgänger der Leonhardstraße und ziehen weiter. Schön, dass prima Bands wie die Tender Buttons noch in Wohnzimmern spielen.

Freitag, 1. April 2011

Huch! Ist ja alles so grün hier.



Sie wussten zwar, dass es ein Restrisiko gab, aber konnten sie es sich so richtig vorstellen, dass es ausgerechnet jetzt passieren kann? Nein, das konnten sie nicht. Wenn sie genau nachgedacht hätten, dann wäre klar gewesen, wie gefährlich es war. Haben sie aber nicht. Sie ignorierten alle Warnsignale, sie verdrängten was nicht ins Weltbild passte. Und plötzlich geschah es! Aus eingebildet heiterem Himmel. Der Kopf wurde ihnen aus dem Sand gerissen. Sie wurden überrumpelt. Jetzt verstehen sie die Welt nicht mehr. Wie kopflose Hühner rennen die Konservativen durch die Gegend und können nicht glauben, dass soeben die Grünen die Landtagswahl ausgerechnet im tiefschwarzen Baden-Württemberg gewonnen haben.

Das Ende des schwäbischen Abendlandes
Ihr größter annehmbarer Unfall wäre eine Rot-Grüne Koalition im Landtag gewesen. Dass jedoch die Grünen die Oberhand haben, ist der Konservativen Super-Gau. Panik macht sich breit. Werden Autos nicht mehr so schnell fahren dürfen wie sie können? Wird das Benzin drei Euro kosten? Werden wir zwangsvegetarisiert und zum Körnerfraß verdammt? Kurzum: Ist das das Ende des schwäbischen Abendlandes, das gefürchtete Hiergehendielichteraus? Kaum ist das Unvorstellbare passiert, fängt die Ikone des Fortschritts, die Bahnhofstieferlegung, an zu wackeln. Wenn die Bahn keine Kumpels in der Landesregierung mehr hat, mit denen man das Prestigeprojekt durchmauscheln kann, dann macht das ganze ja auch kein Spaß mehr.

Berufsdemonstranten und andere Restrisiken
Die von Macher Mappus neu erworbenen EnBW-Anteile werden jetzt durch Atompanik entwertet. Blöderweise haben die Atomparteien ignoriert, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung schon vor Fukushima gegen Atomkraft war. Dabei hat die Atomlobby die Restrisiken so schön klein geredet. Selbst das Lichterausargument zieht nicht mehr. Das eine kleingerechnete Anzahl „Berufsdemonstranten“ auf die Straße gingen, haben sie ja gewusst. Trotz aller Diffamierungsversuche und Polizeigewalt haben Wutbürger sich nicht daran hindern lassen, die CDU vom Thron zu schmeißen. Und das ganz demokratisch.

Am Ende des konservativen Weltbildes
Der eine oder andere merkt jetzt schmerzlich: die Wirtschaftswunderjahre sind vorbei! Schluss mit bedingungslosem Technikglaube und endlosem Wachstum. Eigentlich ist das schon seit ein paar Krisen klar. Gegen der Willen der Konservativen hat sich die Welt geändert. Nicht mehr wollen die Leute, sie wollen besser. Nicht noch mehr Hubraum, sondern eine sauberere Umwelt. Das jedes Wachstum seine natürlichen Grenzen hat, wird von jenen gerne vertuscht, die vom Wachstum profitieren. Dieser Wertewandel rüttelt am konservativen Weltbild. Nur wenige sind bereit umzudenken. Die meisten glauben, dass wenn man jetzt ein paar Schuldige findet und deren Köpfe rollen lässt, dann wird diese Phase schon wieder vorübergehen.

Die Welt dreht sich weiter, auch wenn es den Konservativen nicht passt. Und das ist auch gut so.