Mittwoch, 24. März 2010

Nutzlos aufgerissener Arsch


Mit meinem Vorhaben das größte Loch der Welt zu graben - oder besser gesagt graben zu lassen - hab ich eine ganze Menge Gegner des Großwahnprojektes Stuttgart21 kennengelernt. Der eine oder andere liebäugelt sogar mit der LOCH21-Idee. Kein Wunder: Mein Großwahnprojekt ist glamouröser als das der Bahn und ihrer Kumpels. Und wenn schon gebaut wird, dann richtig.

Hoffnungsloser Kampfeswille
Gestern fragt mich doch einer, ob ich eigentlich glaube dass man S21 noch aufhalten könne. Als LOCH21-Aktivistin sprang mir ein entschlossenes Ja förmlich auf die Zunge, aber da ich mir den gut geschmierten Apparat anschaute, der hinter S21 steht, kamen mir da so die Zweifel. Nein. In einem spontanen Anfall von Ehrlichkeit hab ich dann doch einfach Nein gesagt. Warum ich mir dann den Arsch so aufreiße wollte der andere wissen. Hoffnungsloser Pessimismus ist eigentlich nicht mein Metier, drum verunsicherte mich die berechtigte Frage erst mal. Ist nicht bedingungsloser Glaube, wenn auch irrationaler, der beste Motor? Wie will man einen Kampf kämpfen, wenn man den Sieg nicht im Kopf hat? Ein Blick in mein Samuraihandbuch, dass ich in Kampfsituation gerne konsultiere, machte mich auch nicht schlauer. Vielleicht sollte ich meine Definition von Sieg mal hinterfragen.

Wer zahlt bestimmt.
Wird S21 aufgehalten, dann ist ja alles gut. Doch was wenn nicht? Stuttgart wird sich ändern. Einiges wird wegfallen: Bäume, Wagenhallen und viele andere Dinge, die wir lieb gewonnen haben. Dafür entsteht viel neuer Platz. Und dieser wird natürlich meistbietend von der Bahn verkauft. Wer wissen will, wie Stuttgart mit neuen Flächen umgeht darf gerne mal einen Ausflug machen und sich vom Charme des Pariser Platzes überzeugen. Stuttgart wird neu gestaltet. Doch von wem? Wie immer: von dem der das Geld in der Tasche hat. Und wer vertritt eigentlich den Willen der Bürger, die letztendlich die Kosten durch ihre Steuern tragen und mit der Baustelle leben müssen? Eine demokratisch gewählte Regierung. Und die hofft, dass bis zur nächsten Wahl alles vergessen und verdrängt ist. Das wird ihnen gelingen, wenn der Bau von Stuttgart21 reibungslos von statten geht. Die meisten werden vergessen haben, dass es viele schlaue Alternativen gab, die einfach unter den Teppich gekehrt wurden. "Wer hätte den ahnen können, dass das Ganze so schlimm wird?" werden einige fragen und es liegt an uns Ross und Reiter zu nennen.

Getriebesand gegen Verdeckungsteppiche
Wenn wir Sand ins Getriebe werfen und den Teppich lüpfen können wir Stuttgart 21 vielleicht nicht verhindern. Aber eines werden wir schaffen: Bewusstsein. Bewusstsein dafür, wer uns die Scheiße eingebrockt hat. Und wenn Politiker um ihre Wähler bangen werden sie hellhörig. "Stuttgart ist unsere Stadt. Wir gestalten unsere Zukunft selbst!" werden sie es rufen hören. Stopp. Ich werde schon wieder überschwänglich. Na und? Ich hab immerhin einen guten Grund für zuvor erwähntes Arschaufreißen gefunden. Würde jeder, der nicht an die Aufhaltbarkeit von S21 glaubt zu Hause bleiben und den Mund halten hätten wir bald Stuttgart22: Die Tieferlegung des Flughafens.

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