Samstag, 9. Oktober 2010

Das kleine Krokodil



Als ich angefangen hab aus meinem Leben zu schreiben hab ich politische Themen mal ganz außen vor gelassen. Ich muss ja nicht zu allem mein Senf dazugeben, dachte ich mir. Fälschlicherweise. Da ist wohl ein Wasserwerfer über die Senftube gerollt und der ganze Senf kam raus.

Wenn eine Stadt aus dem politischen Tiefschlaf gerissen wird wie es in Stuttgart geschehen ist, kann man sich ja dagegen kaum erwehren. Es sei denn man hat Tomaten auf den Augen und in den Ohren. Anfangs hab ich mich der Sache noch durchaus humorvoll angenommen, hab Löcher geplant und Lachgeschichten geschrieben. Doch mein alter Antagonist Ernst hat die Situation genutzt und mir den Witz geraubt. Fast. Ernst ist ein großer, düsterer Typ. Er ist der Komplize des kleinen Despoten, der vor kurzem die Macht in unserem Land an sich gerissen hat. Der wurde wahrscheinlich schon als Kind nicht richtig ernst genommen, drum hat er sich mit Ernst angefreundet und beschlossen eines Tages es allen zu zeigen. Wenn er erstmal oben wär, dann würden sie ihn fürchten, ihn endlich ernst nehmen, niemand würde mehr über ihn lachen. Plötzlich war er oben, alle fürchten ihn. Fast alle. Nicht jedoch die fröhliche bunte Truppe die vor seinem Palast aufmarschierte und ihm und seinen Hofstaat beim Mauscheln störte. Den wird das Lachen noch vergehen, dachte sich der kleine Despot und schickte seine wildesten Hunde auf die Meute los. Die bunte Truppe aber wehrte sich nicht (von ein paar Kastanien abgesehen), sie erduldete den Angriff. Sie floh nicht, sondern wurde immer größer und droht nun den Palast zu stürmen.

Dem kleinen Despot ist viel missglückt, aber eines hat er geschafft: Sein Verbündeter, der düstere Schatten Ernst, hat sich in die bunte Truppe eingeschlichen und verdirbt deren Seele. Wut, Trauer, Empörung, Hass und Verzweiflung haben Fuß in den Herzen jener gefasst, die ihre Machtlosigkeit gegenüber der Bande des Despoten zu spüren bekamen.

Genug der verkitschten, krummen Bilder. Ich hätte ja auch von Schnappus, dem kleinen Krokodil erzählen können dass sich wünscht eines Tages alle anderen Tiere im Zoo beißen zu können. Kann sich denn keine Prinzessin dazu erbarmen Schnappi zu küssen sodass er sich in eine Kröte verwandelt? Die ist noch kleiner und beißt nicht.

Ich bemerke wie die Wut mir meine Lebensfreude und somit meine Kraft raubt. Doch die brauch ich noch für den Tag an dem wir das kleine Krokodil zurück in sein Gehege jagen. Wenn wir wütend kämpfen dann spielen wir nach seinen Regeln. Und die kennt es besser. Wenn wir es wirklich treffen wollen müssen wir das treiben, was es fürchtet wie der Vampir den Knoblauch: Humor. So lange wir das kleine Krokodil nicht ernst nehmen und uns die Freude nicht rauben lassen haben wir die Chance, dass sich das Rumpelstilzchen selbst in den Boden rammt. Jetzt ist aber wirklich genug mit krummen Bildern.

Hier mein Plädoyer: Köpfe nicht hängen lassen. Empörung, Verzweiflung und Betroffenheit in eine Kiste stecken und ganz tief vergraben. Die Welt schaut auf uns mit Bewunderung ob unserer friedlichen Kreativität, und genau die ist es, die die schwarze Bande fürchtet.

2 Kommentare:

  1. GedankeausdemAll9. Oktober 2010 um 03:00

    Wenn alle Menschen den Schnappus einfach komplett ingnorieren würden, wäre es so, als gäbe es ihn gar nicht. Dann könnte er drohen und befehlen und niemand würde zuhören. Alle würden einfach normal weiterreden und gar nicht hinsehen. Als wär er unsichtbar.

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  2. Schöne Idee. Mappusposchnappus, wer ist das eigentlich? Ach so, der komische Knilch der manchmal ins Mikrophon reinseiert. Ne, interessiert mich nicht, können se behalten.

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