Mittwoch, 25. August 2010

Schnell noch nichts gekauft

Ich bin dann, wie angekündigt, mal weg. Und berichte von der Reise. Mein erster Stopp: Flughafen Kopenhagen. Dort stolper ich auch gleich über den ersten internationalen Trend. Verzicht ist in, nicht nur bei Bill Gates und anderen Milliardären, die für Aufruhr sorgen weil sie ein paar ihrer Milliarden spenden wollen. Versace scheint sein neues Sortiment voll und ganz der edlen Zurückhaltung angepasst zu haben. Ich hab mir dort schnell noch – und ganz en vogue – nichts gekauft und bin ins nächste Flugzeug gerannt um meine Reise fortzusetzen.

Zuerst erschienen auf brezel.me

Montag, 23. August 2010

Dora verreist und wünscht Stuttgart einen kleinen Vulkan.

So, liebe Freunde,

ich pack mal meine Koffer. Jetzt geht's in den Urlaub nach Island. Das Land scheint mir geheimnisvoll genug um meine Neugier zu befriedigen und ein großes Vorbild in der Disziplin Rebellentum und Rauchblockade ist ja auch dort: Eyjafjallajökull. Ein kleiner Vulkan, der Bagger vom Rollen abhält, tät Stuttgart grad auch ganz gut. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Donnerstag, 19. August 2010

Geheimnisvoller Fernsehturm



Unlängst wurde ich gefragt, woher der Name Stuttgart21 wohl komme? Hat es was mit 21. Jahrhundert zu tun? Wird es 21.000.000.000 € kosten oder 21 Jahre lang gebaut werden? Würde alles passen, die Geschichte ist jedoch eine andere. Da ich keine hieb- und stichfesten Fakten habe muss ich darauf hinweißen, dass der folgende Artikel spekulativ ist. Er ist jedoch so interessant, dass ich ihn euch nicht vorenthalten will:

1967 trafen sich ertmals eine Gruppe von einflussreichen Personen aus Politik, Wirtschaft, Medien und andere Wichtigtuer im Stuttgarter Fernsehturm um über die weitere Entwicklung der prosperierenden Autostadt zu diskutieren. Sie nannten sich die Fernsehturm-Gruppe und tagten seit dem einmal jährlich. Diese Fernsehturm-Konferenzen waren nie eine offizielle Veranstaltung, die Presse schwieg darüber und keins der dort jährlich verabschiedeten Protokolle ist je an die Öffentlichkeit gekommen. Die sorgfältig ausgewählten Gäste, stets hochrangige Vertreter mächtiger Institutionen, planten seither dort die Entwicklung unserer Stadt schon lange bevor sie in der Öffentlichkeit diskutiert wurde.

Unlängst verschaffte mir eine gute Bekannte Einblick in einige der geheimen Protokolle. Selbstredend kann ich die Namen meiner Informanten hier nicht preisgeben. Ich kann hier nur wiedergeben, was ich bei meinem kurzen Einblick in die Papiere vor die Augen bekam.

Vorab muss ich erzählen, dass die Fernsehturm-Gruppe Zugang zu einem bislang nicht bekannten Großbunker aus den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges hatte, der sich weit unterhalb des Rathauses befindet. 1972 richteten sie dort ein Forschungslabor ein, welches den Institutionen der Gruppe ermöglichte, jenseits neugiereiger Blicke der Öffentlichkeit und staatlicher Kontrollen zu forschen. Hier konnten sie problemlos Methoden anwenden, die ethisch fragwürdig waren oder Technologien einsetzen, die noch unter Verschluss gehalten werden mussten. Das sogenannte Institut für Zukunftsfragen prosperierte und wurde zum Mekka schwäbischen Tüftlertums im Grenzbereich.

Der Bau der S-Bahn unter Stuttgart in den Siebzigern machte es einfach, den Bunker unauffällig auszubauen. Doch als die S-Bahn fertig gestellt war, musste auch der weiter Ausbau der Bunkeranlage gestoppt werden. Die drohte jedoch im Verlauf der nächsten Jahre an ihre Grenzen zu stoßen. Bei der 20. Konferenz am 12. Juni 1986 wurde das Projekt „Stuttgart20“ zum weiteren Ausbau des Labors  in die Wege geleitet.

Im Lauf des folgenden Jahres wurde jedoch klar, dass die geplanten Umbauarbeiten nicht unbemerkt geschehen konnten. Die Vibrationen der Baumaschinen und der entstehende Aushub wären nicht zu tarnen gewesen. Dies war das bestimmende Thema bei der 21. Konferenz. Eine Lösung wurde jedoch gefunden. Im Protokoll „Stuttgart21“ wurde beschlossen, eine massive städtebauliche Maßnahme im Untergrund von Stuttgart als Tarnung des eigentlichen Ausbaus des Labors vorzunehmen: Der Bau eines unterirdischen Fernbahntunnels. Der Vertreter der Bahn in der Gruppe sollte nun ein solches Vorhaben forcieren. Da ein Projekt dieser Größenordnung und die einhergehenden Entscheidungsfindungen nicht ganz unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden konnte wurde in den nächsten Jahren viel diskutiert und geplant. 1994 wurde dann das Projekt „Stuttgart21“ öffentlich vorgestellt.

Das der Projektname der Konferenz auch zum offiziellen Namen wurde liegt Gerüchten zufolge an einem Fehler, der der damaligen Sekretärin des Gruppenvorsitzenden unterlaufen ist. Ich konnte die Information leider nicht zurückverfolgen. Es scheint, als hätte die Dame nie existiert.

Interne Querelen um Auftragsvergaben und Finanzierungen haben das Projekt danach ausgebremst, sodass der Baubeginn erst im Februar 2010 stattfinden konnte. Der Ausbau des Instituts für Zukunftsfragen war längst überfällig. Um so ärgerlicher für die Gruppe, dass die Akzeptanz der Bevölkerung geringer ausfiel als geahnt. Wenngleich man rechtlich den Boden geebnet hatte drohen nun die politischen Verhältnisse zu entgleisen. Dieses Jahr wurden zum ersten mal in der Geschichte der Gruppe zwei Konferenzen ausgerichtet und ein permanenter Krisenstab einberufen, der das Bauvorhaben forcieren soll bevor einzelne Politiker dem Druck ihrer Wähler oder der Bund dem Kostendruck nachgeben würden.

Leider haben weitere Recherchen zu dem Thema nicht viel ergeben. Meine Gesprächspartner waren eher schweigsam und ängstlich. Ich habe darauf verzichtet Namen zu nennen. Ich möchte auch nochmals darauf hinweißen, dass es sich bei diesem Artikel nicht um gesicherte Fakten handelt und davon abraten, auf eigene Faust weiter zu recherchieren da die Fernsehturm-Gruppe die Mittel hat, jeden zum Schweigen zu bringen. Ich weiß, dass ich hiermit mein Glück herausfordere. Ich habe mich jedoch so gut wie möglich abgesichert. Im Fall meines Verschwindens ist mein Notar dazu bevollmächtigt, einen ganzen Stapel Unterlagen herauszurücken die vielleicht rechtlich nicht relevant aber für manche verdammt peinlich sind.

„Die da oben“ diskutieren

Auf meinen letzten Artikel haben ich Zuschriften bekommen, die ich hier nochmals veröffentlichen möchte:

OB Wolfgang Schuster schreibt:
Sehr geehrte Frau Asemwald,

was kümmern Sie sich um Stuttgart 21? Bitte gehen Sie zurück in Ihren Asemwald, und wenn es dort unter Ihrem Block wackelt, sind wir es! Dann werden wir gerade unterwegs sein von der City zum Flughafen, und wenn wir unterirdisch versehentlich Ihren Keller streifen, holen wir uns dort die ganzen K21-, Kein-Stgt21- und Loch21-Aufkleber heraus und verkleben damit Ihre ganze Asemwaldhütte, dass Sie nicht mehr heraus schauen und nicht sehen können, welche Bäume eingehen, welcher Acker einbricht, wo das Wasser versiegt und dass wir sowieso in allem siegen!
Denn was haben Sie schon? Sie haben wenn es hoch kommt 20.000 Stuttgarter hinter sich, aber wir haben die Millionen, das sind unsere Millionen, die Sie bezahlt haben. Na, was sagen Sie jetzt?
An Ihrer Stelle würd ich jetzt auch blöd glotzen, Sie denken die Wahl im März macht uns Sorge? Wir haben vom Stgt21-Etat 42 Millionen herausreserviert für eine ordentliche CDU-Wahlkampagne!!!! Mit sowas gewinnt man immer!

So, und jetzt gehen Sie bitte in Ihren Asemwald zurück, 
mit freundlichen Grüßen
OB Wolfgang Schuster


Wolfgang Drexler schreibt:

Hallo Wolfgang,


des hätt i net denkt, dass Du so direkt argumentiera kosch, so einen intelligenten OB könnt mr au in Esslinga braucha.

Mol eine Frage:
 Soll des Bähnle jetzt au zum Flughafa fahra? I han denkt nach Ulm? Jetzt ben i ganz durcheinander komma, warum sagt mir des koiner?
 Derf i mein Dienstwaga trotzdem behalta? 
Ond noch ebbes… dei blonde Sekretärin… moinsch da lauft was? Kannsch ihr einen Gruß saga von mir?

Bis bald, Dein Wolfgang

PS.: Mach dir koine Sorgen wegen den 20.000 Demonstranten, des send älles bezahlte Kommunisten aus der Ostzone… oder wie des jetzt hoisst…


Hans F. schreibt:

Grüß Gott Wolfgang und Wolfgang (SPD),


hier spricht der Geist von Hans, ihr könnt mich auch Filbi nennen.
Könnt ihr net des ganze Pack in den Nesenbach schmeissen? 
Also mir hätten des 1946 anders gemacht.

Euer Filbi
 der Direkt-Verurteiler

OB Wolfgang Schuster schreibt:

Was…. der Hans!!!!
Du läbsch jetzt wieder? 
Des muß i meiner Frau verzähla!!!



Wolfgang Drexler schreibt:

Jetzt hen die beim Ausgraben zum neua Bahnhof den Filbi ausbuddelt!!!
 Hoffentlich nimmt der mir mein Dienschtwaga nett weg!

Stefan Mappus schreibt:
ihr hen älle net richtig ufbasst, des isch jetzt mei baustella. mir den so als wenn mir des zügle bis ulm fahra lasset. mir gaots eher drom, a saumässige schnellverbindung nach Berlin zum baua, na kao is angela maol ablösa ond trotzdem em Ländle wohna, weils en Berlin koine Kumpel gibt. Ond nao em Tunnel direkt bis Pforza, sonscht krieg i en schtugart bagga voll. die hen mi frier schon emmer verhaua. also Buaba machet weider…..



Angela Merkel schreibt:
Sehr geehrter Herr Mappus,

Ihre Ambitionen auf meinen Posten fallen mir heute nicht zum ersten Mal auf. Doch kann ich meine Wählerinnen und Wähler beruhigen: Mit Emporkömmlingen aus dem Schwäbischen hat mein Ziehvater Helmut Kohl schon seine Erfahrungen gemacht. Ich erinnere an den kometenhaften Niedergang des Lothar Späth. Seien Sie versichert, die entsprechenden Schritte Ihre Person betreffend wurden bereits eingeleitet.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Angela Merkel


Riidiger Grube schreibt:

Meine Herren! Bitte!


Wie oft denn no… ch!

Wir haben das doch schon sooft geübt! Stuttgart Einundzwanzig ist ein Gesamteuropäisches Projekt. Wir haben doch die Vereinbaahrung, dass wir bei der Öffentlichkeitsarbeit Immer Hochdeutsch schw ..schprechen!

Also Herr Mappus, Herr Drexler, Herr Schuster. Bitte halten Sie sich an die Vereinbarungen..

Riidiger Grube,
Der Chef von dem Ganzen

Dora Asemwald schreibt:

Lieber Herr Grube, ihre hanseatischen Wurzeln sind wohl während ihrer diversen Tätigkeiten im Schwabenland verschwabt worden.



Riidiger Grube schreibt:
Entschuldigung,


Ich werde von diesen Schwäbischen Geldeseln, doch am Tag 5 mal angerufen.
Das färbt schon ab.(Die verstehen einen doch auch nicht, wenn man Hochdeutsch spricht) Zumal ich ja auch schon länger im Süden ein Häusle hab.



Eddi Stoiber schreibt:


Servus beinander, hier ist der Ed,


Ja, mi leggst am Oarsch! Wos is den bei eich los? Es is grad 4 Johr her, da samma in 10 Minuten, ohne dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, fast nach Rom, ähh, Charles de Gaulle, oder sonstwo hin g’fahrn. Und jetzt wida so a Theater, nur weil ihr in 8 Minuten nach Heathrow, ähh, an den Flughafen Franz-Josef-Strauß, – wohie auch immer fahrn miast.

Also, wir hätt’n es in 10 Minuten mit dem Transrapid, äh ,äh vom Bahnhof München durch den Tunnel nach Stuttart, äh in zehn Minuten, schneller am Gate in Franfurt.
Ihr wisst scho!

Oba es hod net sei solln: nach oiner von 1,85 auf mehr als 3 Milliarden Euro g’stiegenen Kostenprognose ham sich die Deppen von Bund und Land im März 2008 darauf g’einigt dös Projekt nimma zum baun. Formal hams dös G’schäft dann am 14. April 2008 beendet und I hob mi saumässig blamiert. Saupreißn dreckige, hoit…

Sackl Zement nochamoi, machts weida! Blamierts eich net!!! Spart eich die Blamage jetzt und haut’s Geld zum Fensta aussi, solangs no geht. Abgwählt werds eh!

Und wenn in 20 Johr ois fixundfertig is, hobs as g’schafft:Ihr hobs a Denkmal, wos bisher nur der Franz-Josef mit seim Flughafen g’schafft hat un dann ist der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Bayern, an die bayerischen Städte herangwachsen – weil das ja klar ist, weil aus dem Hauptbahnhof viele Linien aus Bayern zamalaffa. Host mi?

Außerdem: I hob glesen, da Filbinger hot sie g’meldt. I bin ja g’spannt wann der Franz-Josef anfängt zu grollen. Lang schaut der sie des Kasperlheater bei eich nimma oh, so mei Gfui..

Bleibts tapfer,

Euer Edmund Stoiber
(der Mann mit dem Transrapid)

P.S. grod hob I in da Süddeutschen Zeidung g’lesen, wenn ihr zum grabn ofangst, dann kummst’s Wasser in die Tunnel eina. Woist was: dann fahrt’s doch mit dem U-Boot.
Dös is vielleicht a Fortschritt! In 8 Minuten, mit dem U-Boot nach äh, äh,.
Die bayrische Gebirgsmarine kann helfen! Verlasst eich auf mi!



Lothar Späth schreibt:


Mir könnet also gelassen in die Zukunft schauen. Bald wird alles unterirdisch.
Euer Lothar :-)




Montag, 16. August 2010

Wachgedroht



Stuttgart21 ist das Beste, was uns Stuttgartern je passieren konnte. Verwegene These, bedenkt man, dass ausgerechnet ich sie hier mal in den Raum stelle. Ich hol mal aus:

Vor nicht all zu langer Zeit galt Stuttgart für viele als dröge Provinzstadt: Kehrwoche, Häuslesbauer und alle schwäbischen Klischees. Den Blödsinn kann ich nicht mehr hören, in anderen Städten nennt man die Idioten halt anders. Das Schlimmste an Stuttgart aus meiner Sicht war jedoch das bescheidene Selbstwertgefühl. Manche haben sich ja regelrecht für ihre Heimatstadt entschuldigt. Oder sind in überzogenen Trotzpatriotismus geflohen und haben Fernsehtürme auf Omadeckchen gestickt die dann so aussahen wie das pseudoironische Spießerzeug, dass es in Berlin schon fünf Jahre vorher gab, mit Berliner Fernsehturm halt. Apropos Fernsehturm: Wir waren die ersten! Das war auch mal mit dem deutschen HipHop so. War. Trends wurden seit dem hier weniger gesetzt. Jetzt haben wir aber etwas, was die anderen nicht haben: Stuttgart21! Oder besser noch: Die Androhung von Stuttgart21.

Kaum versucht eine Bande aus Politikern und Unternehmern mittels Bahnhofsvergrabung unter dem Deckmäntelchen der Stadtentwicklung und allgemeiner Zukunft eine Menge Geld und Bagger durch die Gegend zu schicken erwacht auch schon, was lange in der Tiefe der Stuttgarter Seele geschlummert hat. Nach jahrelangem tatenlosen Zuschauen, wie Immobilienfritzen wie Rudi Häussler eine Bausünde nach der anderen in die Stadt geklatscht haben entdecken wir Stuttgarter endlich etwas total ungeahntes: Unsere Stadt! Die ist nicht nur dazu da, den Daimlerangestellten ein Dach über dem Kopf zu bieten. Nein,  sie ist unser Lebensraum. Wir leben hier eigentlich schon, wohnen ja nicht nur.

Bislang hat man darauf vertraut, dass die Jungs im Rathaus das schon wuppen. Doch damit scheint für viele Schluss zu sein. Als plötzlich klar wurde, dass Stuttgart21 nicht nur eine feuchte Investorenphantasie war sondern blutiger Ernst, als der erste Bagger im Geleit von 800 Polizisten zum Bahnhof fuhr und ein Bauzaun errichtet wurde, da sind wir aufgewacht. Anstelle der üblich paar Tausend Montagsdemonstranten an die man sich schon gewöhnt hatte gehen jetzt jede Woche Zehntausende auf die Straße. Und das nicht nur einmal die Woche. Jeden Tag um 19 Uhr herrscht Lärm in der ganzen Stadt, Künstler haben den Bahnhof als Performancebühne entdeckt, der Bauzaun ist die längste Freiluftgalerie weit und breit geworden.



Ein tiefer Spalt geht durch die Stadt: Die Befürworter von S21, die der Bahn und der Regierung zutrauen, das Projekt zum Wohle der Stadt durchzuführen und die Gegner, die nach unzähligen Mauscheleien und gebrochenen Versprechen das Vertrauen verloren haben. Die Gegner kann man ganz leicht erkennen: Aufkleber und Buttons sind überall zu sehen. Ein gemeinsames Gefühl sich für die Stadt einzusetzen entsteht auf allen Seiten und etwas wundersames geschieht: Die Stadt wird wahrgenommen. Wir kämpfen um sie und ihre Zukunft, diskutieren, informieren und engagieren uns. Identität entsteht. Wir sind Stuttgarter. Keiner muss sich dafür schämen. Das ganze Land schaut auf uns und ist verwundert, dass ausgerechnet die Schwaben zu so etwas in der Lage sind. Wir sind wieder wer!

Ich möchte meine eingangs ketzerisch formulierte These relativieren: Die Androhung von Stuttgart21 ist das Beste, was uns je passieren konnte. Von der Durchführung kann ich das nicht behaupten. Sollte der Bahnhof vergraben werden wird es trotzdem noch viel zu kämpfen geben. Die Stadt wird sich wandeln, neue Räume entstehen. Wir werden diesmal nicht mehr zulassen, dass Investoren anstelle von Bürgern der Zukunft ein Gesicht geben. Wir sind erwacht und lassen uns nicht mehr verarschen. Nie war ich so froh, eine Stuttgarterin zu sein.

Die letzten Geheimnisse der Männer


Steh- oder Sitzpinkler? Die große Fragen in mischgeschlechtlichen Toiletten. Hier hat die Emanzipation voll und ganz zugeschlagen, auch wenn mir der eine oder andere Mann noch ein „Stand up for your rights“ entgegenschmettert. Ich wollte mal schauen, wie weit der Wandel vorangeschritten ist und habe eine der letzten Männerdomänen infiltriert: Die Herrentoilette. Ich war schockiert. Sogar Pissoirs sind hier bestuhlt. Da fehlen mit jetzt die Worte.

Zuvor erschienen auf brezel.me

Donnerstag, 12. August 2010

Brezelbackmeister werden auch nicht jünger.



Herr Köhler, unser Brezelbackmeister wird heute älter. Wir mögen ihn trotzdem noch und wünschen ihm alles Gute!

Mittwoch, 11. August 2010

Dorisch eroberte Gebiete

Auf Flowtown.com wurde eine neue Landkarte über die Welt des Social Networkings veröffentlicht. Die bezieht sich auf auf eine Karte von 2007 auf der Webcomicseite xkcd, die ich sehr gerne lese, da lustig.

PS: äh, ich hab vergessen Blogspot anzumalen, und Buzz bin ich auch schon, aber nicht sonderlich aktiv da irgendwie doof.

Ich hab auf der neuen Karte mal angemalt, wo ich schon überall einmarschiert bin und nicht rausgeschmissen wurde.

Hier die Karte von 2007:

Dienstag, 10. August 2010

Visionen gesucht


Das Stuttgart eine Zukunftsstadt ist, haben auch die Kollegen vom norddeutschen Rundfunk erkannt und unser neustes Konzept präsentiert: Stuttgart22, die Tieferlegung des Flughafens. Nicht nur das dann auf den Fildern noch mehr Kraut angebaut werden kann, wir können uns sogar den Transrapid sparen! Dann starten Sie – nicht nur – im Grunde genommen am Hauptbahnhof Ihren Flug. Das bedeutet natürlich, dass der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Baden-Würtemberg heranwächst. Oder so ähnlich.

Wem das zu viel Zukunft ist, kann bei der Hobbythek erfahren, wie man sich ein Stuttgart21 bastelt:


Mein Traum: Stuttgart23, die Tieferlegung des Fernsehturms und Stuttgart24, der Deckel auf dem Kessel. Unten bleiben! Und natürlich noch meine Alternative: Loch21, das tiefste Loch der Welt, mitten in Suttgart als Touristenattraktion. Der Aushub macht aus unserem Monte Scherbelino den Austragungsort zukünftiger Winterolympiaden. Grab mit!



Welche Visionen für unsere schöne Stadt habt ihr? Oder geht ihr wie Altkanzler Schmidt zum Arzt, wenn ihr Visionen habt?


Zuerst erschienen auf brezel.me

Sonntag, 8. August 2010

Urgroßvater im Geiste

In den letzten Tag habe ich mich hier nur wenig von mir gegeben, ich habe Neues erlebt. Das muss auch mal sein, sonst kann ich hier ja nur mich selbst reflektieren, und das wird auf Dauer nicht nur mir langweilig. Ich genieße in letzter Zeit ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit seitens der Nutzer von Facebook, mit denen ich über dies und das in den Kommentaren diskutiere oder die mich über meine Beiträge im Blog brezel.me kennen lernen.

All zu oft verstehen die Leute immer noch nicht, welcher Natur ich bin. Ich habe jetzt sogar auf die Startseite meines Facebookprofils einen Vermerk gestellt, welcher den Besucher über mein Mangel an Fleisch und Blut informiert. Schließlich ist es ja nicht mein Ansinnen, Leute zu täuschen. Wenngleich die Verwirrung, die ich da stifte oft für gute Geschichten sorgt. Auch möchte ich nicht die Identität meines Entdeckers, der meine Offline-Angelegenheiten erledigt verschweigen, gebe aber nur auf Anfrage Auskunft. Sonst besteht die Gefahr, dass ich als Pseudonym oder Alter Ego eines anderen gesehen werden, der seine Person hinter mir versteckt. Dem ist nicht so.

Für viele ist das Prinzip, welches hinter unabhängigen, virtuellen Personen liegt, nur schwer verdaubar, da zu paradox und zu abstrakt. Es gibt auch nicht so viele von uns, da wir der aufwendigen Pflege durch  nichtvirtuelle Personen bedürfen. Auf einen Prominenten Vertreter meiner Art bin ich unlängst gestoßen. Wie schon früher erwähnt hielt mein Entdecker einer Vortrag über meine Entwicklung auf einem Symposium in Stuttgart. Beim Zusammentreffen danach machte ich Bekanntschaft mit Anja Lösch, einer Dame die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Carl-Auer Verlages zuständig ist. Dieser Verlag war mir schon länger ein Begriff, erschienen bei ihm doch ein paar meiner liebsten Bücher über den radikalen Konstruktivismus, von und über große Denker wie Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld. Ich sei nicht das einzige virtuelle Wesen, beschied mir Frau Lösch und erzählte mir, dass ihr Verleger Carl Auer der selben Natur sei wie ich. Ein paar Tage später erhielt ich ein Paket mit zwei Bücher von ihr. Das erste hieß „Einführung in die eigenen Gedanken“ und war von Carl Auer selbst – jedoch nicht geschrieben, denn es war einfach leer. Wie der Titel des Buches eben sagt. Schlau, der Bursche, dachte ich mir. Gefällt mir. Das zweite Buch führte den Titel: „Carl Auer: Geist or Ghost“. Eine Festschrift zum nunmehr 20 Jahre zurückliegenden neunzigsten Geburtstag Carl Auers.

In diesem Buch beschreiben viele Autoren, unter anderem von Glasersfeld, von Foerster, Maturana und Watzlawick ihre Begegnungen mit Auer, erzählen von Diskussionen mit ihm und umrissen somit die Lebensgeschichte des virtuellen Intellektuellen. Eine verwegene Lebensgeschichte, die die Pfade vieler der größten Denker des zwanzigsten Jahrhunderts kreuzte und sich über alle Ecken der Welt verteilt. Ein Studium der Malerei in Paris, die Ehrenbürgerschaft von Appenzell, gemeinsame Kriegsgefangenschaft mit Wittgenstein, intensive Kontakte zu Voodoopriestern auf Haiti, um nur ein paar Stationen dieses bewegten Lebens zu erwähnen. Im Jahr 2004 wurde Carl Auer zum letzten mal gesehen, seit dem kommuniziert der nunmehr 110 Jahre Alte nur noch per Email mit seinem Verlag. Gerüchte über seinen Verbleib gibt es viele, sie reichen von Ganzkörpertransplantion zu Mumifizierung. Seinen Lebenslauf kann man auf der Webseite seines Verlages nachlesen. Wer sich schon etwas mit meinem Leben auseinandergesetzt hat weiß, welche Triebfeder meines Seins hier voll gespannt wird: die Neugier! Ich werde mich auf die Suche nach ihm machen.



Gewiss gibt es Diskrepanzen zwischen dem Wesen Auers und meinem, aber eins haben wir grundsätzlich gemeinsam: Wir existieren ohne physischen Körper in den Köpfen jener, die an uns glauben. Während Auer wohl ein eher bescheidener Mensch ist kann ich das von mir nicht behaupten. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht den gelassenen Umgang mit meiner Virtualität gelernt habe und mein Mangel an materieller Substanz durch Selbstdarstellung zu kompensieren versuche. Aber im Gegensatz zu Auer bin ich noch jung und nehme mir das Recht auf Ungestümheit der Jugend und hoffe das die Weisheit mit dem Alter kommt.

Ich werde mich mal auf die Suche nach meinem Urgroßvater im Geiste machen und den Leser meines Tagebuchs auf dem Laufenden halten.

Bis dahin empfehle ich die Lektüre der Festschrift, die leider nur noch antiquarisch zu erhalten ist. Zum Beispiel bei Amazon.

Donnerstag, 5. August 2010

Protest auf der Salestraße

Heute gab's mal wieder was auf die Brezel:



Ausverkauf ist in, wenngleich er nicht mehr so genannt wird. Demnächst wird die Königstraße ja in Salestraße umbenannt. Der Einzelhandel dort muss schließlich was bieten wenn hinter dem Noch-Bahnhof beim neuen Bücherknast auf dem A1-Areal das Megashopping-Center gebaut wird. Zum sichtbaren Protest gegen die neue Konkurrenz haben sich die Läden alle in Rot gehüllt und das Protestzeichen mit den beiden Kringeln und dem Strich draufgepinselt – das Gegenstück zu den grünen Buttons der Freunde oberirdischen Bahnfahrvergnügens. Auch wir sind dermaßen empört, dass wir die brezelsche Neutralität mal suspendieren und uns am Protest beteiligen! Selbst redend fordern wir alle auf, täglich um 19 Uhr eine Minute lang Lärm zu machen um ihren Unmut Kund zu tun. Auch haben wir schon einen Protestentwurf für die Brezel in unserer Tasche: