Sonntag, 26. Dezember 2010

In der Wolke dorische Schlagwörter



Vor zwei Jahren bin ich beim egogooglieren auf eine Begriffswolke gestoßen, welche die Webseite 123people.de meinem Namen zuordnet. Damals kamen folgende Begriffe in absteigender Reihenfolge auf den Schirm: Zettel, Zentner, Wurst, Stuttgart, und so weiter. In Ermangelung eines schmissigen Themas hab ich meine Idee recycliert und mal wieder geschaut, was da jetzt so bei rauskommt.

Stuttgart hat es nach vorne geschafft! Stuttgart 21 folgt dicht und dann kommt schon Brezel. Die ess ich nicht nur jeden Morgen, so heißt ja auch der Blog für den ich schreib. Twitter ist auch keine Überraschung, genauso wenig Martin, der mich  immer zeichnet. Unterm Strich scheint die Wolke gar nicht mal so verkehrt zu sein, was mich jedoch stutzig macht ist Ficken. Hab ich ja nichts gegen, verbalisiere ich jedoch nicht so häufig, wegen meiner Ambivalenz dem Begriff gegenüber. Ficken ist einerseits ein schrecklich vulgärer Ausdruck, der den Geschlechtsakt komplett entromantisiert. Aber es gibt einem wiederum einen Präzisen Begriff zur Hand, wenn lieblose Zweisamkeit unverblümt zum Ausdruck gebracht werden soll. Man kann damit wunderschön in den heißen Brei treten, den andere wortreich umkreisen. Je nach Kontext kann das Wort peinlich oder direkt rüber kommen. Darum meine Ambivalenz. Wie es in meine Wolke kommt? Keine Ahnung. Ist aber auch egal, wir sind hier schließlich im Internet und da geht's ja oft eh ums Ficken.

Samstag, 25. Dezember 2010

Dora redet vom Wetter



Die jährliche Weihnachterei geht in den Endspurt. Der plötzliche Schneefall verstopft die Straßen, auch die Bahn ist (nicht nur) vom Phänomen Winter überfordert. Schlecht für den Smalltalk: Diesmal kann keiner jammern, dass es schon so lange kein weißes Weihnachten gab. Dafür kann man von verpassten Zügen und dergleichen berichten. Was war zuerst da, das Wetter oder der Smalltalk? Ich behaupte das Wetter wurde erfunden, damit man darüber unbesorgt mit jedem reden kann, den man trifft. Witterung geht alle was an. Man riskiert keinen Streit wie es die politische Diskussion mal gerne nach sich ziehen, wenn man vom anderen Lager ist. Zum Glück gibt es dazu in Stuttgart ja jetzt Kennzeichnungspflicht. Wenn ein Obenbleibenbuttonträger einen Obenohnebuttonträger am Wetter vorbei gleich ins politische zieht – oder natürlich andersrum– dann ist der Ärger vorprogrammiert und wahrscheinlich erwünscht. Vielleicht sind die überbordenden Launen des Wetters dieses Jahr ein gewolltes Manöver zur Ablenkung auf das friedlichere Parket des meteorologischen Diskurses?

Man stelle sich vor, die Wetterfrage würde die Gemüter ebenso aufwühlen wie das Unterdieerdebringen von Gleisen und Atommüll. Es gäbe die Fraktion der Kältefanatiker, die es im Winter in die Berge zieht, und die würden gegen die Thailand-Front wegen deren Liebe zur feuchten Schwüle auf die Straße gehen. Der Wetterbericht würde polemiktriefende Hasstiraden in seinen Kommentaren nach sich ziehen und alte Freundschaften würden an einem milden Winter zerbrechen. Da müsste ein Meteorologe sich nicht mehr an den Frauen vergreifen um das Gemüt des Volkes in Wallung zu bringen. Ein Traum für Politiker: Sie könnten sorglos Castoren durch aberwitzige Tiefbahnhöfe rollen lassen während das Volk gegen das Tiefdruckgebiet (oben bleiben!) auf die Barrikaden geht. Währe ich Obermops einer dauerregierenden Selbstbedienungspartei würde ich die Wetterkontroverse mit allen Mitteln (kann man sich bei der EU erschleichen) fördern. Rudi Carell forderte schon vor 35 Jahren einen Sommer wie er früher einmal war und gab der SPD die Schuld daran, dass es nur über 1000 Meter Schnee gab. Er hat damit der politischen Öffentlichkeitsarbeit eine Steilvorlage verpasst. Erst diesen Herbst hat das Stuttgarter Regime versucht, den leichten Sprühregen in die lästige Debatte um unliebsame Baumbewohner einzubringen. Das ging jedoch ins Auge.



„Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ Damals hieß Twix noch (nicht mal) Raider und die Deutsche Bahn AG noch Deutsche Bundesbahn, im Westen jedenfalls. Dieser Devise sind sie nicht treu geblieben. Heute geben sie dem Wetter die Schuld wenn im Sommer die Zugabteile überhitzen und im Winter selbige den Bahnhof gar nicht mehr verlassen. Kaum ein anderes Phänomen lässt sich so findig für Ausreden instrumentalisieren.

Wann lernt die Politik endlich Kapital aus dem Wetter zu schlagen? Die Klimadebatte gibt's ja schon. Aber Klima ist doch viel zu abstrakt, da reden nur bruddelige Ökofritzen drüber. Das Wetter – der konkrete kleine Bruder des Klimas – ist viel griffiger. Ein Wettergipfel wäre viel volksnäher als jene Veranstaltungen, die nach dem Austragungsort benannte Protokolle ausspucken an die sich eh keiner hält. Es ist doch scheißegal ob die Erwähnung global ist oder nicht, Hauptsache man friert nicht.

Eine Gesellschaft die wortlos das Wetter erduldet ist kaum vorstellbar. Sie wäre nicht nur verdammt schweigsam, ich hätte in ihr auch diesen Artikel nicht schreiben können. Oder es hätte ihn keiner verstanden. Was vielleicht auch so der Fall ist. Egal. Mal schauen, ob der Schnee morgen liegen bleibt.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

BrezeLeaks

Brezel.me, der Blog an dem ich mitarbeite hat jetzt auch angefangen Petzereien aus der Stuttgarter Welt zu sammeln und zu veröffentlichen. Wir sind da nicht die ersten, die WAZ macht uns das schon vor: https://www.derwesten-recherche.org/. Da aber unser neuer Brezelschreiber Marc vom Westen zu uns übergelaufen ist hat er kurzerhand das Konzept einfach gestohlen und bei uns umgesetzt. Der findige Schlingel. Martin, mein Kollege hat mir gleich ein Logo für uns angefertigt:


Ich habe gleich mal einen ersten Leak veröffentlicht, der aber zuvor in meinem Tagebuch schon veröffentlicht wurde. Ich geb zu, das ist ein billiger Trick, aber so viele Leser hab ich nun auch wieder nicht als das ich die Suppe nicht zweimal aufkochen könnte. Danach ist mir erst mal - wahrscheinlich als Strafe für wiederaufwärmen - nicht mehr eingefallen. Fünf Tage lang gab's keinen Artikel mehr in der Brezel, da sah ich mich gezwungen einen guten Grund dafür auszuhecken:


Kaum fangen wir an zu leaken verstummt die Brezel plötzlich. Der eine oder andere mutmaßte ja schon, dass diverse Geheimdienste einen kleinen Rundgang durch unsere Redaktionsräume gemacht haben. Und wenn, dann haben sie uns nicht erwischt! Wir waren ganz schön beschäftigt. Unsere Server haben wir in einen ausgehöhlten Eisberg vor der Küste eines brezelfreundlichen Zwergstaates untergebracht und die neue Redaktionsräume befinden sich jetzt in einem umfunktionierten Schafstall hinter dem dritten Vulkan links in einem Inselstaat am A. der Welt.

Wir sitzen nun schon seit Tagen an Stapeln hochbrisantem Material, welches Stuttgart auf den Kopf stellen wird! Neben dem geheimen Brezelrezept von Frau Weible kennen wir jetzt auch alle dreckigen Details zum geplanten Tiefflughafen, dem anstehenden Verkauf und der Umsiedlung des Feuersees und die geheimen Tagebücher von OB Schuster.

Auf unseren charismatischen Vorzeigebrezler Tobian Köhlange passen wir besonders gut auf, dass er nicht in irgendwelche Schweinereien verwickelt wird. Unsere Franzi ist weiterhin auf der Flucht und ernährt sich von flauschigen Nagern, Plattenleger-Brezel Elbert legt nur noch im Untergrund auf und ich verstecke mich im Internet.

Und nicht vergessen: Eure Leaks erreichen uns auch im Exil. Schickt uns vielleicht auch ein paar Kekse mit, damit es ein bisschen schöner Weihnachtet.

Sonntag, 19. Dezember 2010

Erinnerungsbalast

 



Geschichte von Ben Katchor für das Metropolismag.com

In dieser Geschichte eines meiner liebsten Autoren, Ben Katchor, wird eine Zukunft vorgestellt, in welcher nichts mehr verloren gehen kann. Jeder Gegenstand ist für immer per Internet ortbar, überträgt Bild und Ton und ist somit unverlierbar. Das klingt zuerst verlockend, denn wer verliert schon gerne seine Schlüssel, den Fahrschein oder eine spezielle Telefonnummer? Dinge die uns belasten verlieren wir da viel lieber. Wenn wir sie nicht von alleine verlieren, können wir sie ja auch aktiv verlieren, also wegwerfen. Tun wir aber nicht. Besitz bleibt wie Dreck an uns kleben. Wir könnten dies und das ja noch mal gebrauchen, so schallt der Selbstbetrug im inneren Ohr. Tun wir eben so wenig. Gegenstände sammeln durch ihren Gebrauch Erinnerungen an, jene klebrige Masse, die uns daran hindert, Dinge einfach zu entsorgen. Erinnerungsstücke dienen als Stützpfeiler unserer Autobiografie. Sie ist ein Baustein unseres Gefühls von Identität.



Die Gnade des Vergessens
Erinnerungsstücke zu verlieren schmerzt besonders weil wird befürchten, dadurch auch die Erinnerung selbst aufzugeben. Und so sammeln wir im Laufe eines Lebens immer mehr Erinnerungsbalast innerhalb und außerhalb des Kopfes an. Er verkleistert die Wahrnehmung für das Jetzt und versperrt den Blick nach vorne. Nur eines kann uns aus diesem Sumpf ziehen: Die Gnade des Vergessens. Sie mistet im Innern aus, das Verlieren ist ihr greifbares Pendant. Es befreit uns oft von Ballast, den wir freiwillig nie abgelassen hätte. Bei den meisten Dingen merken wir erst wenn sie weg sind, ob wir sie wirklich brauchen. Ihre Funktion kann oft anders besser erfüllt werden. Wir füllen die Lücke, die das Verlorene hinterlassen hat einfach neu und entwickeln uns dabei weiter.


Bausteine des Ichs
Erinnerungen sind nicht die einzigen Bausteine unseres Ichs. Wir definieren uns auch darüber, wie wir wahrnehmen, urteilen und handeln. Die dem zugrunde liegenden Maßstäbe leiten sich jedoch aus unserer Erfahrung ab. Es ist jedoch nicht so sehr das explizite, biographische Faktenwissen, welches uns formt. Es ist vielmehr die Intuition die sich im Laufe eines Lebens ausbildet, das Unbewusste, eben jenes Bauchgefühl, das uns bei komplexen Entscheidungen den Weg weißt, das uns sagt, ob wir jemanden trauen können oder nicht. Die faktische Beschreibung einer Situation verschwimmt auf Dauer, was bleibt ist das, was es mit uns gemacht hat.


Erinnerungen sind am Ende des Lebens alles, was uns bleibt. Doch so lange ich lebe konzentriere ich mich lieber darauf neue Erinnerungen zu schaffen. In einer Welt, in der wir weder vergessen noch verlieren könnten wäre bald kein Platz mehr für Neues. Wir wären wandelnde Müllhalden den Vergangenheit. Ich fordere das Recht zu Vergessen und Verlieren ein!


http://www.katchor.com/

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Deutschlands demokratisch interessanteste Stadt




Stuttgart, heute, 12:47, Gleis 10, ICE 598 von München nach Berlin. Durchsage des Schaffners: "Willkommen in Deutschlands demokratisch interessantester Stadt! Und im Bord Bistro empfehlen wir Ihnen heute …"

Die Bahn hat ihren Beitrag zum Demokratisierungsprozess des Landes geleistet und trägt das jetzt auch zu Markte. Jetzt hofft sie auf Folgeaufträge von Städten, deren Demokratie dröge daherkommt und sich hauptsächlich in muffigen Wahllokalen abspielt.

Das wär doch auch mal was für unser regionales Marketing, das sich ansonsten durch Waschmittellogos blamiert. „Schlichtungsstadt Stuttgart – Demokratie erleben“ oder so. Habt ihr schöne Ideen, wie Stuttgart in Zukunft werben kann?

Eschienen auf brezel.me

Montag, 6. Dezember 2010


Dieses Wochenende war ich mal wieder auf der Sudoku oder so ähnlich, der Messe für Design, Firlefanz und nette Sachen im alten Theaterhaus in Wangen. Ich geb zu, jetzt ist etwas spät um drüber zu schreiben, ist ja schon rum. Wie immer: prima Zeug um seine Wohnung und sich selbst zu dekorieren. In der Abteilung Erinnerungsstücke gab's, wie einst vor 20 Jahren, mal wieder Mauerstücke. Nicht jedoch vom antiimperialistischen Schutzwall, der die neuen von den gebrauchten Bundesländern trennte sondern ein anderes Gemäuer, dass hier zu Lande mindestens genau so sehr die Gefühle aufwühlt: Der Nordflügel des denkmalgeschützten Hauptbahnhofes. Der Denkmalschutz hat doch nicht ganz so funktioniert, jetzt kann sich ein jeder die von Felix Fuchs gestaltete Karte mit Protestdevotionalie kaufen und in die Andachtsecke stellen.

Wer die Dekumo verpasst hat, kann sie ja wo oder wann anders besuchen: dekumo.de

Erschienen auf brezel.me

Sonntag, 5. Dezember 2010

Schubladenblogette

Schönes Schaubild zur Entwicklung des Bloggers und der Blogette. Zweite bin ich seit dreieinhalb Jahren, also kein Urgestein der ersten Stunde. Hier gibt's ne Menge Schubladen, und in einige davon kann ich mich ja auch einsortieren. Ich hab mal gelesen dass es für erfolgreiches, also weit verbreitetes, Bloggen wichtig sei, sich zu fokusieren und ein Thema so richtig in die Zange zu nehmen. Diesen Rat befolge ich nicht, kann und will nicht, weil langweilig. Wenn ich was zur Mode zu sagen hab oder ein Rezept raus will dann schreib ich halt darüber. Politisches Aktivistenzeug macht zwar auch Spaß und muss irgendwie raus, aber dazwischen muss auch mal was leichtes serviert werden. Ich bekenne mich zum Kessel Buntes und hoffe, dass ich als Person roter Faden genug bin. Sonst müsste ich ja 12 Blogs aufmachen und würde mich dabei selbst noch mehr verwirren. Ich habs ja bislang noch nicht geschafft eine auch nur halbwegs verständliche Kategorisierung des Inhaltes vorzunehmen. Das liegt vielleicht daran, dass ich mich selbst auch nicht so genau sortiert hab.


Was oben fehlt ist die Klugschissblogette, die mit ihren selbst zusammengewürfelten Philosophieversatzstücken versucht, ihre Welt zu beschreiben. Was mir sonst noch so alles dazu einfallen wird, davon lass ich mich mal überraschen. Und wenn mir nichts einfällt kann ich ja immer noch übers Bloggen bloggen. ;-)


 

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Ungelegte Eier

Ich mag T-Shirt, gestalte und verkaufe sie. Oder habe es vor. Ein Onlineshop will noch gebaut werden, ich weiß noch nicht einmal wie das ganze heißen soll. Ich rede gerne über ungelegte Eier, da ich hoffe dass sich dadurch die Eier schneller legen lassen.



Apropos Eier: Laurent et Septime, ein befreundeter Doppelkopfvogel hilft mir bei der T-Shirterei. Da ich mich eh um seine virtuell/materielle Anbindung kümmern soll (Da ist wohl ein Twitter-Account fällig) haben wir uns zusammengesetzt und eine Kollektion angefangen. Die Modedesignerin Judith Schöntag (link) hat ein erstes Hemdchen im Netz entdeckt, bestellt und sich drin fotografieren lassen.



Die Bilder gefallen mir, auch Laurent und Septime ist/sind glücklich damit. Septime, der untere von den beiden, beschreibt das wie folgt:
A Shirt

A place for birds

On tangible skin

To twitter in your mind



Wir haben schon ein paar neue Motive auf der Pfanne. Ich werde euch auf dem Laufenden halten, was da noch so passiert. Ich hab das Hemdchen auch in meiner Sammlung, jedoch die virtuelle Variante:


A Shirt

A place for birds

On virtual skin

To twitter in your mind