Montag, 17. November 2008

Von Lügen, Fliegen und Pinseln

Die Vernissage meiner ersten Ausstellung war letzten Freitag. Harald hat alles mit seinen Bildern voll gehängt.Wie versprochen gibt es auch ein Porträt von mir.
Damit ich mich für den Abend in angemessenem Schwung bringen kann hat Sascha, der freundliche Alkothekar meines liebsten Jazzclubs, dem Bix, Prosecco mitgebracht.
Der hat mir zu gut geschmeckt. Martin, mein Assistent, musste deshalb die Eröffnungsrede halten, die ich für diesen Anlass geschrieben und unten angehängt habe.
Es gab auch viele Dorazettel zum mitnehmen. Wer die Feier verpasst hat, der soll halt zur nächsten kommen. Die wird voraussichtlich im Januar sein. Ich suche noch einen Künstler, der ausstellungswillig ist. Wer da war und mehr Fotos sehen will, der muss mich in der Galerie besuchen und darf auch gerne eine Erinnerungsstäbchen mitbringen. Per Email wird nix versandt.


Sehr geehrte Gäste,


ich heiße sie herzlich willkommen zur Ausstellung „Triggers“ von Harald Zylka.

Der Zusammenhang zwischen großformatigen Porträts junger Damen,

einem Steinkopf und dem Ausstellungsname „Triggers“
offenbarte sich mir nicht sofort, ----- auch nicht unsofort.

Wikipedia, mein alter Freund, erklärte mir,

es handele sich bei dem englischen Begriff Trigger um entweder Abzug
- wie bei einem Gewehr - oder Auslöser.

Oder auch einen Schlüsselreiz:
Unter Trigger versteht man Sinneseindrücke,
die Erinnerungen an alte Erfahrungen in einer Art wecken,
als ob diese Erfahrung jetzt nochmal neu gemacht werden würde.

Diese Erinnerung erfolgt meist plötzlich und mit großer Wucht.

Die damaligen Gefühle werden unmittelbar erlebt
- Flashback nennen das Fachleute.

Besonders beliebt sind Flashbacks bei Drogenfreunden.

Der sogenannte Echorausch ist der kostenlose Nachschlag
in der Kantine der Bewusstseinserweiterung.

LSD und Mescalin stehen dort ganz oben auf der Speisekarte.


Halluzinationen machen das subjektive Leben bunter
und entrücken die Realität des Konsumenten
zunehmend der Realitäten der anderen.

Vorausgesetzt, man hängt nicht dem Glauben an,
es gäbe nur eine Realität,
die Maßstab einer allgemein gültigen Wahrheit sei.

Das Entrücken der Realität
verringert die Schnittmenge der eigenen Wirklichkeit
mit der der anderen
und vergrößert somit den Raum
des als unwahr Empfundenen,
den Raum außerhalb der Schnittmenge,
den von mir so genannten Lügenraum.

Allgemein anerkannt:

Lügen haben kurze Beine.
Gegen kurze Beine ist leider kein Kraut gewachsen,
es gibt jedoch findige Tricks.

Auf der Webseite von Bild der Frau

werden dunkle Strümpfe mit hellen Feinstreifen,
gerade geschnittene Hosen mit Längsstreifen,
schmalem lange Röhrenjeans
- niemals umgekrempelt! -
und natürlich hohe Absätze empfohlen.

Also Obacht: Lügen tarnen sich gerne längsgestreift,

die Wahrheit verträgt auch Querstreifen.

Karierte Kleidung scheint ideal für Menschen zu sein,

die gerne in einer Melange aus Wahrheit und Lüge leben,
streifenloser Uni-Look ist das Erkennungszeichen jener,
die ein Mysterium aus dem Ausmaß ihrer Wahrheitsliebe machen.

Besonders mutwillige und findige Lugenbeutel
verzichten bewusst auf beinverlängernde Tricks aus der Garderobe
und behaupten einfach einen langen Oberkörper zu haben.

Längs gestreifte Sträflingskleider

sollten wohl den Delinquenten zu erhöhter Wahrheitsliebe verhelfen.


Das Prinzip der modischen Rehabilitation
hat sich wohl nicht ganz durchgesetzt,
sollte jedoch nochmals überdacht werden.

Fliegen haben auch kurze Beine -
sechs an der Zahl -
und keine Möglichkeit,
diese mit hohen Pumps zu kaschieren.

Des weiteren

werden sie von Teufeln in der Not verspeist
und paarweise mit einer Klappe erschlagen.

Das hört sich schlimm an
und ist es auch.

Das kurze Leben einer Fliege ist kein leichtes.


Vermehrt sie sich ungestört,
wird sie jedoch zur Plage anderer Tiere.

Während Kuh und Pferd

mit Schwanz und Schweif
die lästigen Zweiflügler vertreiben können,
ist das dem gemeinen Hausschwein nicht vergönnt.

Das Schwein dient nicht nur

als Lieferant von Schnitzel und Wurst,
auf ihm gedeihen auch Borstenhaare,
steife Deckhaare mit gespaltener Spitze.

Gekämmt,

mit Alaunwasser gewaschen und gebleicht
werden sie zu Pinseln gebündelt,
welche Harald Zylka zum Auftrag der Farbe
auf die Leinwand nutzt.

Der Effekt dieser Technik ist in dieser Ausstellung zu beobachten.

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