Mittwoch, 25. Mai 2011

Spalter!



Wie bei vielen ist bei mir in der letzten Zeit – genau gesagt seit der Landtagswahl – die Protestfreude etwas eingeschlafen. Wir haben es nicht nur geschafft, die Laufzeitverlängerung eines störanfälligen Landesvaters abzuwenden, sondern sogar dessen Antipode ins Amt gewählt. Aber eine Altlast einer geistig im Wirtschaftswunder steckengebliebenen Regierung haben wir immer noch an der Backe hängen: Der Erdbahnhof namens Stuttgart 21, ein Größenwahnprojekt, dessen Nutzen jenseits unspezifischer Wachstumträume unüberschaubare Kosten entgegen stehen. Damit hat alles angefangen, das war der gemeinsame Nenner des Protestes, der sich in allgemeine Systemkritik ausgeweitet hat. Eine Schlichtung und viele Blockaden später hat sich am grundsätzlichen Problem nichts, am Widerstand jedoch einiges geändert.

Das Volk wurde anfangs laut, weil es keiner hören wollte. Mit kreativem Engagement breiter Schichten wurde so viel Rabatz gemacht, dass sich kein noch so ignoranter Politiker mehr davor verschließen konnte. Deutschlandweit wurde der Stuttgarter Bahnhof durch die Medien gejagt und hat vielen Politikern die Karriere versaut. Es schien, als hätte der Protest Erfolg gehabt. Hat er aber nicht. Der Bahnhof soll immer noch gebaut werden. Aber noch kann er gestoppt werden. Theoretisch auf jeden Fall. Ob es wirklich geht und mit welchen Mitteln ist eine kontroverse Frage, die einst vereinte Erdbahnhofsgegner heute entzweit. Ob Montagsdemos, Sitzblockaden, ziviler Widerstand, Parkbesetzung oder Schwabenstreich, die Mittel des Protests sind mannigfaltig. Doch welche davon heiligt der Zweck? Darüber könnte man diskutieren, streitet aber viel lieber.

Jeder hat sein eigenes Maß, ich kann hier nur von meinem sprechen. Ich frage mich zum Beispiel stets, wie ich reagieren würde wenn der politische Gegner das selbe täte. Tut er vielleicht sogar. Aber das rechtfertigt nicht, dass ich es ihm gleich tue. Wer „Lügenpack“ ruft, darf selbst nicht versuchen, die anderen zu täuschen. Wer Offenheit fordert, sollte nicht im Verborgenen mauscheln. Auch wenn es dem Zweck diente. Viel zu oft bemerke ich, dass die gefühlte moralische Überlegenheit als Rechtfertigung für fragwürdiges Handeln herhalten muss. Nur weil man sich im Recht wähnt, hat man nicht mehr Rechte. Man wird schnell selbst zu dem, wogegen man auf die Straße geht.

youtube=http://www.youtube.com/watch?v=7aBwSZTiqqI

Dabeisein ist alles
Ich halte es für notwendig, das eigene Handeln stets kritisch zu hinterfragen. Das schwächt nur auf den ersten Blick das Vertrauen in dessen Angemessenheit, aber nicht alle wagen einen zweiten Blick. Wer hinterfragt oder gar kritisiert, wird oft als Spalter beschimpft. Zweifel sind nicht erwünscht. Man befürchtet, dass die Bewegung dadurch Schaden nehmen könnte, denn nur gemeinsam sei man stark. Eine solche geschlossene Gesellschaft kann sehr stark sein. Religiöse Vereinigungen basieren darauf. Sie formulieren Dogmen und vertreten sie unreflektiert, aber standhaft. Klare Regeln geben Halt, Orientierung und Sicherheit, machen vermeintlich unangreifbar. Man ist Teil von etwas Größerem, einer Bewegung. Und es gibt nur zwei Möglichkeiten: Man ist aus vollem Herzen dabei oder man ist raus. Mangelnde Reflektion des eigenen Verhaltens lässt vergessen, worum es eigentlich geht. Dabeisein ist alles. Widerstand wird zum Selbstzweck.

Parolen und Rituale festigen das Gemeinschaftsgefühl, helfen dem Individuum in der Gruppe aufzugehen. Sie vereinheitlichen und zementieren Meinung, sind derer Vielfalt Feind. Hört sich schlimm an, ist jedoch notwendig wenn es darum geht, einen sichtbaren Widerstand zu formieren. Leider. Es ist ein schmaler Grat zwischen der Stärke geschlossener Reihen und der Freiheit der Gedanken. Es ist verlockend aber gefährlich sich als Teil eines Größeren mitreißen zu lassen. Das Gefühl mit Zehntausenden durch die Straßen zu ziehen und mit der Vuvuzela dem einenden Feind entgegenzutröten ist berauschend – und macht mir Angst. Angst vor meiner eigenen Anfälligkeit in der Masse aufzugehen und mitzuschwimmen. Angst vor dem Gefühlstsunami, der über mich schwappt und mein kritisches Denken wegschwemmt. Alle Alarmglocken gehen an.

Schwindender Protest
Nicht alle haben ein solches Alarmsystem. Aus Widerstand wird Lebenssinn, Kritik ist nicht mehr erwünscht, Kommunikation mit Andersdenkenden wird zunehmend schwieriger. Es bedarf nicht vieler Fanatiker, um gemäßigtere Bahnhofsgegner zu vergrätzen. Und die bleiben dann fern, die Bewegung wird zur geschlossenen Gesellschaft. Nach außen scheint es, als ob der Widerstand verschwinden würde. Und das ist ein großer Irrtum. Nur weil viele Leute nicht mehr gegen das Großprojekt auf die Straße gehen, heißt das noch lange nicht, dass sie sich damit abgefunden haben. Und nicht alle wollen einen Bahnhof zu ihrem Lebensinhalt machen.

Ich freue mich, das Leute ihre Zeit und Energie in den Protest stecken, Gruppen bilden, Aktionen durchführen – solange diese nicht all zu tief in die Illegalität eintauchen und die Verantwortung für das Handeln getragen wird. Angst wird es mir nur, wenn es sektiererische Züge annimmt, der Protest zum Selbstzweck wird und Andersdenkende auch in den eigenen Reihen angefeindet werden. Es ist notwendig, die eigene Position aus einem anderen Blickwinkel zu hinterfragen, die eingeforderten ethischen Grundsätze auch an sich selbst anzulegen. Sonst verlieren wir das gemeinsame Ziel aus den Augen: Den Erdbahnhof zu verhindern.

34 Kommentare:

  1. Thomas Rudolph25. Mai 2011 um 20:07

    Tolle Gedanken Dora!

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  2. Wahnsinn Dora!
    Mach weiter so! Vielleicht wirds noch was mit der Heiligsprechung!

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  3. Mir ist noch eine Sache wichtig: Nur weil ich Kritik am Protest anderer übe, heißt das noch lange nicht, dass ich selbst nicht mehr protestiere. Das sind für mich zwei verschiedene Paar Stiefel. Jeder muss für sich selbst ausmachen, wie er oder sie zur Sache steht und ob er oder sie dafür auf die Straße geht, egal ob für oder gegen S21. Der Protest anderer missfällt mir vielleicht, vielleicht missfalle ich den anderen, aber das ändert nichts für mich. Wenn ich nicht zur Demo gehe, dann liegt das manchmal auch nur da dran, dass ich einfach keine Lust hab und etwas das demonstrieren müde bin. Sonst nichts.

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  4. Dora, Du sprichst mir aus dem Herzen!

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  5. Jetzt antwortet dir der größte CDU Anh
    änger untger Gottes Sonne... ist es das was du erreichen wolltest? Kritik ist eine Sache, Beurteilung eine andere...

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  6. "Hallo Nils Schmid, hier steht deine Basis", rief Matthias Oomen vom Fahrgastverband Pro Bahn in die Menge, und erntete einen Sturm der Begeisterung.

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  7. Naja, dafür müsste ich erst mal seelig sein. Und zumindest glück- oder schlimmstenfalls armseelig.

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  8. Diese Antwort ist bezeichnend, anonymous... ich finde es ziemlich klug, was sie schreibt, man muss auch mal kritisieren dürfen und ja, auch beurteilen. Schlimmer ist es zu VERurteilen und das tut sie nicht. Zumindest meines Wissens nach. Und zu Thomas kann man ja stehen, wie man möchte :D

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  9. Spalter! :D
    Nein im Ernst machst du dir da sehr schöne und nachdenkliche Gedanken, die ja der Unterschied sein sollen.
    Für eine Sache zu sein,weil man sie mehr durchdacht hat,
    als für eine Sache zu sein,weil man lauter schreien kann.
    Mach weiter so Dora

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  10. Lieber Anonymous,
    ich schreibe nicht mit dem Hintergedanken CDUlern zu gefallen oder vor den Kopf zu stoßen. Ich schreibe darüber was mir auf dem Herzen liegt. Und in diesem Fall geh ich da mit einem CDUler konform. Meine Meinung ist nicht in eine Richtung festzementiert. Wenngleich Thomas und ich in einer total unterschiedlichen Welt leben, können wir trotzdem in manchen Dingen einer Meinung sein. Für mich gibt es nicht diese klare Trennung zwischen den einen hier und den anderen dort. In der Bahnhofsfrage sind unsere Meinungen sehr inkompatibel, aber um den geht es hier ja gar nicht. Hier geht es nicht darum, dem Gegner um jeden Preis eine reinzudrücken und selbst keine Lücke in der Verteidigung zu lassen. Ich finde das der kritische Umgang mit sich selbst offen geschehen soll, auch wenn man dem politischen Gegner eine Schwäche zeigt. Genau die Offenheit mahnten wir bei der CDU und Bahn an. Das Lagerdenken (wir gegen die!) schreckt viele Leute ab, wie ich immer häufiger höre.
    Und was Beurteilung betrifft: Dieser Blog ist mein Forum, in dem ich meine Kommentare, Meinung und auch Beurteilung kund tue. Ich erhebe nicht den Anspruch für irgend jemanden außer mir selbst zu sprechen. Ich freu mich über inhaltliche Kritik, find es aber befremdlich wenn ich auf Grund meiner Leser kritisiert werden.

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  11. Und einen stillen Sturm der Verärgerung.

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  12. das, liebe Dora, ist eine sehr billige retourkutsche auf (berechtigte) kritik an dir. diejenigen, die kritik an dir üben, als spalter zu bezeichnen...das wäre nicht einmal eine entgegnung wert.

    allerdings muss erwähnt werden: es war keine lüge im spiel, ledglich eine falschinterpretation deinerseits. von verärgerung (ausser deiner) habe ich nichts mitbekommen. das genaue gegenteil war der fall.

    solche einen konflikt öffentlich auszutragen, das ist spalterei.

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  13. ergänzung: http://spd-mitglieder-gegen-s21.de/

    lüge?

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  14. Hallo Dora,

    als ich deinen Namen und diesen Blog-Beitrag auf FB las traf mich der schlag!
    Nicht weil ich zuerst anstelle von Dora Dori las!
    Ich als DORI kann dich nicht zuordnen. Du warst in einer Gruppe auf FB in der für diese Aktion, die du kritisierst, und in einer Antwort auf dieser Seite schlecht geheißen hast, zur Teilnahme geworben wurde.
    Dem Inhalt des Aufrufs hast du wohl nicht gelesen, sondern nur den Dank an alle beteiligten. Was du da gemacht hast war

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  15. Was ist der Unterschied zwischen dem deutschen und dem spanischen Protest?

    Der Deutsche protestiert nach Vorschrift!

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  16. In diesem Text habe ich meine Meinung geäußert. Ich habe bewusst auf keine Aktion die irgendwo durchgeführt wurde Bezug genommen. Nur ein Leserkommentar hat sich auf das Thema bezogen, ich habe dazu geschrieben dass viele über die zitierte Aktion verärgert waren. Das ist was ich von mehreren Seiten gehört habe.
    Ich habe es aber mal lieber allgemein gehalten, nicht nur weil ich zu wenig darüber wusste, sondern weil ich niemanden persönlich angreifen wollte. Alles was ich zur von euch erwähnten Aktion geäußert habe war, dass ich etwas hinterfragt habe, daraufhin aber sofort eine drauf gekriegt habe. Das ist eine Situation, die ich schon öfters erlebt habe oder von anderen erfahren habe. Wenn einem eine allgemeine Kritik wie diese hier als Diffamierung und Schmutzkampagne ausgelegt wird, dann bestätigt das mir das oben geschriebene.

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  17. Ich habe hier nichts über die Aktion geschrieben, da ich es NICHT öffentlich machen wollte. Ich habe auch niemanden als Spalter bezeichnet, sondern bemerkt dass wenn man hinterfragt sofort als Spalter bezeichnet wird.

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  18. Nicht jeder, der mal im Laufe seines Lebens SPD gewählt hat ist die Basis von Nils Schmid. Es muss ja nicht immer gleich eine Lüge sein, man kann ja auch ein bisschen biegen. Muss jeder selbst wissen, wo für ihn oder sie die Täuschung anfängt.

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  19. die überschrift ist "Spalter!" und im anschluss schreibst du: "Ich frage mich zum Beispiel stets, wie ich reagieren würde wenn der politische Gegner das selbe täte. Tut er vielleicht sogar. Aber das rechtfertigt nicht, dass ich es ihm gleich tue. Wer „Lügenpack“ ruft, darf selbst nicht versuchen, die anderen zu täuschen."

    in der genannten aktion wurde nicht gelogen. diese aktion war von spd-mitgliedern initiiert und durchgeführt, dort standen in der hauptsache spd-mitglieder oder solche die ausgetreten sind sowie solche, die die spd entweder jetzt oder zuvor gewählt haben. das IST die basis. die aktion wird weitergeführt von der offiziellen gruppierung "spd-mitglieder gegen suttgart 21", die mehr als 400 personen zählt (alle spd-mitglieder) und die sich vor zwei wochen dem aktionesbündnis angeschlossen hat.

    indem du dies in deinem blog postest, hast du es öffentlich gemacht, du konntest ja nicht ernsthaft erwarten, dass deine gekränkt-einseitige darstellung unkommentiert bleibt - vor allem, da sie eine sehr wichtige bewegung innerhalb der bewegung unverdientermassen diskreditiert und behauptest, sie sei "nicht echt". aus welchen motiven auch immer, du schadest damit der bewegung.

    übrigens lautet das motto dieses blogs "Fachmagazin für erfolgreiche LebensLÜGEN". think about it, bevor du anderen den spiegel vorhältst.

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  20. Wo erwähne ich die von dir hier erwähnte Aktion in meinem Artikel? Nirgendwo, oder? Dafür erwähnst du sie. Ich werde andauernd damit konfrontiert, in meinem Artikel etwas nach "außen" getragen zu haben, stelle aber immer nur fest, dass es andere wie du sind, die konkrete Aktionen mit meiner Kritik in Verbindung bringen. Du schreibst hier von einer Aktion, die sauber und ohne Täuschungsabsicht von statten gegangen sei. Wenn dem so ist, dann ist das gut. Hat dann auch nichts mit meinem Artikel zu tun. Oder hat den überhaupt jemand gelesen?

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  21. Eine Lebenslüge lüge ich mir selbst in die Tasche. Das hat eine ganz andere Dimension als wenn ich bewusst versuche jemanden zu täuschen, um ihn dadurch zu meinen Gunsten zu manipulieren. Ob das da geschehen ist will ich nicht beurteilen, habe ich auch nicht in meinem Artikel. Nur frage ich mich, was die Geheimniskrämerei im Nachhinein soll, wenn alles sauber ist. Kann man doch etwas offener mit umgehen, aber geht mich nichts an.
    Mein Artikel bezieht sich nicht auf eine bestimmte Aktion sondern viel mehr auf eine Entwicklung, die von einigen Menschen beobachtet wurde. Vielleicht war die Art und Weiße, in der ich eine Diskussion zu einem Thema wahrgenommen hatte, der Auslöser, gerade jetzt mal was zu sagen, aber es war nicht der Anlass. Die teilweise sehr unsachliche und persönliche Art, in der darauf reagiert wurde zeigt mir, dass ich wohl irgend einen Nerv getroffen habe. Vielleicht ist es einfach die Angst, dass der Widerstand auseinander fällt oder dass eine ihm feindlich gesonnene Presse versucht, ihn in ein schlechtes Licht zu rücken und dabei alles gerne fehlinterpretiert. Ich kann das verstehen. Kein Wunder also, dass alle Nerven blank liegen und dass auf meine unbedachte Bemerkung innerhalb einer anderen geschlossenen Gruppe die Leute sauer waren. Das ich das gleich wieder gelöscht hab hat aber nicht verhindert, dass das Thema auf all meinen Kanälen seitens der vermeintlich geschädigten aufgebauscht wurde - wie hier. Wundert euch also nicht, wenn das unerwünschtes Aufsehen erregt. Am besten wäre es, wenn man das Thema ruhen lässt. So lange ich persönlich angegriffen werde, werde ich weiterhin darauf antworten. Ansonsten gehe ich meinen Weg und jene, die sich auf den Schlips getreten fühlen einen anderen. Ich werde auch weiterhin gegen den Erdbahnhof sein, aber auch kritisch allen Seiten gegenüber sein.

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  22. Liebe Dora,

    nicht wissend, von was für einer "Aktion" ihr da eigentlich sprecht, sage ich für diesen Text einfach "Danke Schön". Er drückt exakt aus, wie ich den Widerstand seit der Wahl und sogar ansatzweise auch davor empfinde. Tiefbahnhofsgegner bin ich dennoch, aber mit Verbohrtheit, Schwarz-Weiß-Denken und Protest zum Selbstzweck (der Vergleich mit religiösen Gruppierungen passt) kann ich mich nicht identifizieren, und genau dieses habe ich immer gerne den Befürwortern vorgeworfen, nehme es nun aber massiv in den Gegnerreihen wahr. Ich finde, so besonnen wie der Protest früher war und mich gerade deswegen (nebst des Bahnofs)anzog, sollte er zumindest bis zum Ende des Stresstests wieder sein. Wenn sich dann herausstellt, dass gemogelt wurde und das Projekt verwirklicht wird, bin ich wieder mit dabei, denn dann werden wir erneut übers Ohr gehauen. Bis dahin sollten wir der neuen Regierung, die wir ja wollten, zwar zeigen, dass wir wachsam sind, aber sie nicht schwächen indem wir unser Misstrauen öffentlich demonstrieren. Wem es nur ums Protestieren als solches geht (die Ansage hab ich wirklich inzwischen schon mehrfach gehört: "Gegen was demonstrieren wir denn, wenns vorbei ist?" Hä??) wird nicht einmal zufrieden sein, wenn der Kopfbahnhof kommt. Denn dann wäre der Protest vorbei. Aber ehrlich, soziale Kontakte lassen sich auch wo anders pflegen.

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  23. Dora, danke für diese notwendige Diskussion.

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  24. Es ist eigentlich egal, um welche Aktion es da geht. Worüber ich gestolpert bin ist die Umgangsform, die im Protest herrscht.

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  25. [...] Spalter! Erstellt am 25. Mai 2011 von Dora Asemwald [...]

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  26. Es gibt da so eine Sache. Mit gefühltem Protest und reinem Herzen haben sie die Revolution gemacht, waren in der ersten Front und dürsteten nach Solidarität. Die Waffe war das Gegen-Argument und das Glitzern in den Augen kam, wenn der Gegner ins Stottern geriet. Dann fühlte man sich stark und wurde auch klammheimlich oder ganz offen bewundert ... von den Gleichgesinnten, manchmal sogar vom Gegner (aber das wollen wir jetzt nicht vertiefen).
    Dann kam der Sieg und auf einmal war der Gegner unscheinbar und nebensächlich. Der Kampf war ausgefochten und die konstruktive Arbeit konnte beginnen. Was war das für eine Freude ... anfangs. Aber dann fehlte irgendwas. Die Auseinandersetzung hatte keinen Gegner mehr und die Argumente blieben ungehört und manchem sogar im Halse stecken. Und was am allermeisten fehlte, war die Solidarität. Du hast doch gewonnen, sagtest du dir, aber es gab/gibt keine Bewunderung mehr für deinen Kampf/Einsatz. Nein, vielmehr ist es so, dass die Freunde deines Kampfes verschwinden und dich alleine lassen. Manchmal gerätst du sogar in Meinungsverschiedenheiten mit deinen Weggefährten, da der Weg halt anders läuft als das große Ziel für alle vorgab/vorgibt. Dessen warst du dir doch immer sicher, war und bleibt doch immer das gleiche Ziel für alle, die mit dir im Kampfe waren oder hattest du es anders in Erinnerung? Che hielt es übrigens auch nicht aus in Havana, nachdem die kubanische Revolution gesiegt hatte.
    Damit der 'Spalter' seine Position beziehen kann, muss erst einmal eine 'unkritische-glaubende' Gegnerschaft konstruiert werden ... gäbe es die nicht, gäbe es den Spalter nicht. So konstruiert man seine kleine Welt ... rhetorisch/gedanklich natürlich nur. Aber warum will man Spalter sein? Gibt es sonst nichts Aufregendes mehr? Was wäre, wenn man zufrieden und in Einklang mit der Welt leben müsste ... oder könnte ... oder wollte ... dann wäre alles sehr langweilig oder einfach nur normal?

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  27. Warum will man Spalter sein? Du sagst es ja selbst: Man konstruiert sich seine Welt, in dem man Unterscheidungen trifft. Diese Welt ist jedoch nicht klein, da es keine vergleichbare Welt gibt, die größer wäre. Niemand hat Zugriff auf eine objektive Welt, die man zum Vergleich heranziehen könnte.
    Zur letzten „was wäre wenn“-Frage: Man hätte die Bahn einfach den Bahnhof kritiklos bauen lassen können. Aber die Anti-S21-Bewegung hat eine ‘unkritische-glaubende’ Gesellschaft konstruiert, von der man sich abgespalten hat. Viele Bürger, denen der Erdbahnhof egal ist fragen sich, warum die ganzen Leute auf die Straße gehen und Spalter sind.
    Viele akzeptieren das Spaltertum gegen S21, jammern aber wenn es weitere Abspaltungen gibt. Bitte seid doch so konsequent und akzeptiert die Spalterei anderer so wie ihr wollt, dass eure Spalterei akzeptiert wird.

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  28. Es ging mir mehr um die Spalter, die in der S21-Gegenbewegung (geschlossene Gesellschaft) erzeugt werden und um die Angst seine 'Unschuld' (des Protestes) zu verlieren und um das Verzetteln an und für sich, denn angenommen das Volk ist so 'anders' und entscheidet sich für S21, wohin dann des Wegs mit den eigenen Gefühlen?

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  29. Wenn das Volk sich für S21 entscheidet, dann muss man als Demokrat das akzeptieren. Die Frage ist jedoch: Welches Volk? Was geht ein städtebauliches Projekt einen Sigmaringer an?
    Du hast recht, es geht für viele um die eigenen Gefühle, die sich im Laufe des Protestes aufgebaut haben. Die drohen dann Überhand zu nehmen. Das ist wenn der Protest zum Selbstzweck wird. Man verliert den Abstand und somit das Maß. Vielleicht sollte jeder mal ab und zu eine Protestpause einlegen um Abstand zu gewinnen. Mir hat das gut getan.

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  30. [...] den Artikel „Spalter!“ folgte einiges an Kritik, die für Außenstehende teilweise etwas kryptisch klingen mag. Kein [...]

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  31. Der Unterschied: In Spanien geht es um die Zukunft einer Generation, in Deutschland um einen Bahnhof.

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